Gewaltschutz: “Fernseher leiser drehen und besser hinhören”

Zentrale Rolle der Nachbarn im Kampf gegen häusliche Gewalt. Projekt soll sie stärken.
Wien Über 1500 Frauen flüchteten im vergangenen Jahr mit ihren Kindern aus den eigenen vier Wänden in ein Frauenhaus, da ihr Partner oder Ex zur Bedrohung wurde. In Vorarlberg teilen alleine heuer mehr als 40 Frauen dieses Schicksal. Hinzu kommt, dass die Polizei im Durchschnitt mehr als einmal täglich einen Gewalttäter wegweisen muss: Häusliche Gewalt ist somit kein Randphänomen. Das Projekt “StoP” soll nun dabei helfen, die Präventions- und Bewusstseinsarbeit auszuweiten. Vor allem Nachbarn stehen im Mittelpunkt.
“StoP” steht für Stadtteile ohne Partnergewalt und startet seine Arbeit nun auch in Vorarlberg. Bregenz macht den Auftakt, berichtet die Vorarlberger Projektkoordinatorin Nikola Furtenbach. Ziel sei es, ein Umfeld zu schaffen, in dem keine Gewalt toleriert werde und Nachbarn zu ermutigen, bei Zeichen der Gewalt einzuschreiten sowie Hilfe zu rufen. Es gehe vor allem um Vernetzung. Die Gesamtkoordinatorin für Österreich, Maria Rösslhumer, erklärt es so: “Unser Projekt soll Menschen lehren, dass sie schon bei einem Verdacht auf Gewalt betroffene Frauen oder Kinder ansprechen. Sie können sich mit anderen Nachbarn zusammentun, bei Frauen-Hotlines anrufen, den Fernseher leiser drehen und besser hinhören, was bei den Nachbarn passiert.”

In Bregenz wird das Projekt in Kooperation zwischen Stadt und ifs Gewaltschutzstelle durchgeführt, wobei die Umsetzung gemeinsam mit der Gewaltberatung, dem Kinderschutz, der Frauennotwohnung und der Frauenberatungsstelle bei sexueller Gewalt erfolgt. Österreichweit gibt es für das Projekt 680.000 Euro. Diese Förderung des Sozialministeriums ist auf ein Jahr befristet.
“StoP” hat seinen Ursprung in Hamburg. 2019 wurde das Projekt dann im vierten Wiener Gemeindebezirk initiiert. Furtenbach, die damals in Margareten lebte, war Teil davon. Man sei über Hausbesuche direkt mit den Menschen in Kontakt getreten, habe sie gefragt, ob sie Gewalt mitbekommen und mit ihnen darüber gesprochen, wie sie einschreiten können. Um möglichst breitflächig zu wirken, würden nun in Bregenz Multiplikatoren gesucht: von Sport- und Kulturvereinen über Schulen und Sozialeinrichtungen bis hin zum Handel und zur Kirche. Alles sei möglich.
In Wien hatte etwa eine Gruppe von Frauen wöchentlich ins Kaffeehaus geladen und Betroffene beraten, erzählt Furtenbach. Sie erwähnt einen Kinospot, Plakataktionen und Stammtische. All das soll helfen, Gewalt zu erkennen und einzuschreiten, bevor sie eskaliert. Dafür brauche es Netzwerke und Bewusstsein – ebenso wie eine gute Nachbarschaft.
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