Das plant die Europäische Kommission für den Klimaschutz

Was die einzelnen Maßnahmen aus dem Klimapaket der EU-Kommission bedeuten.
Brüssel Die Zauberformel heißt „Fit for 55“. Unter diesem Titel präsentierte die Europäische Kommission einen Plan, mit dem die Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 Prozent des Wertes von 1990 gesenkt werden sollen. Ob das Realität wird, ist aber nicht klar. Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen noch beraten. Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte eine rasche und ambitionierte Umsetzung zu.
Verkehr. Herstellern soll vorgeschrieben werden, den CO2-Ausstoß von Neuwagen stark zu senken. Bisher gilt, dass er 2030 im Schnitt um 37,5 Prozent niedriger sein muss als 2021. Nun würde der Zielwert 55 Prozent betragen. Ab 2035 wären nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen. Halten sich die Hersteller nicht daran, müssen sie zahlen. Grundsätzlich soll der Anteil erneuerbarer Energien in der EU spätestens im Jahr 2030 einen Anteil von 40 Prozent erreichen.
Energiesteuern. Auch für Treibstoffe im Luftverkehr und der Schifffahrt sollen Energiesteuern fällig werden. Grundsätzlich sollen diese auf Basis des Energiegehalts und der Umweltverträglichkeit der Kraft- und Brennstoffe sowie des elektrischen Stroms erhoben werden.
Industrie. 2005 wurde das Emissionshandelssystem eingerichtet. Es sieht vor, dass Unternehmen für den Ausstoß von Gasen wie Kohlendioxid Verschmutzungsrechte brauchen, die sie ersteigern müssen oder zugeteilt bekommen. Dieses System würde den Plänen zufolge überarbeitet, und Teile des Seeverkehrs miteinbezogen werden. Zudem soll ein eigenes Emissionshandelssystem für die im Straßenverkehr und zum Heizen benutzten Brennstoffe geschaffen werden. Die Kommission will auch die Menge der verfügbaren Verschmutzungszertifikate zügiger verkleinern.
Klima-Sozialfonds. Dadurch sollen Bürger Geld für Investitionen in Energieeffizienz, neue Heiz- und Kühlsysteme und sauberere Mobilität erhalten. Der Fonds würde unter anderem über die Einnahmen aus dem Emissionshandel für Brenn- beziehungsweise Treibstoffe im Gebäudesektor und Straßenverkehr gefüllt. Geplant ist, dass rund 72 Milliarden Euro zwischen 2025 und 2032 an die Mitgliedstaaten fließen. Österreich erhielte rund 644 Millionen Euro.
CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Damit klimaschädlich produzierte Produkte aus Drittstaaten keine Wettbewerbsvorteile haben, soll eine CO2-Grenzabgabe kommen. So könnte etwa Strom, Stahl oder Aluminium aus Nicht-EU-Ländern mit weniger strengen Klimaschutzauflagen teurer werden.
Lastenteilung. Die Nationalstaaten müssen sich großen Treibhausgas-Verursachern wie Verkehr, Gebäuden, Landwirtschaft und Müll um eine Reduktion der Treibhausgase kümmern. In Österreich soll der CO2-Ausstoß bis 2030 um 48 Prozent gegenüber 2005 reduziert werden.
“Mit Physik kann man nicht verhandeln”
wien Mit den Vorschlägen der Kommission werde eine breite Diskussion angestoßen, vermutet der Klimatologe Simon Tschannett. Das Mindestziel 55 Prozent bezeichnet der Vorarlberger im VN-Gespräch als politischen Kompromiss. Aus wissenschaftlicher Sicht seien 65 Prozent adäquat. Immerhin habe man aber ein Mindestziel formuliert. Nun müsse der gesellschaftliche Diskussionsprozess beginnen. „Wie wollen wir unser CO2-Budget in Österreich ausgeben?“ Die Gefahr, dass das Ziel verwässert werde, gebe es immer, sagt Tschannett, der unter anderem Mitglied im Wiener Klimarat, Vorstand des Climate Change Centre Austria und Geschäftsführer bei Weatherpark ist. „Man hat schon zu viel Zeit verstreichen lassen. Doch eines muss klar sein. Mit der Physik kann man nicht verhandeln.“ Der Klimatologe hebt vor allem den Klima-Sozialfonds als positiven Vorschlag hervor.
Heike Lehner, Ökonomin beim Institut Agenda Austria zieht eine gemischte Bilanz. Als gute Idee bezeichnet sie die Ausweitung des Emissionshandelssystems und der Energiesteuern, weniger ideal sei das Verbot für den Verbrennungsmotor ab 2035. „Es widerspricht dem Prinzip der Technologieoffenheit. Außerdem sollte der Bepreisungsmechanismus das Hauptinstrument sein.“ Auch den Grenzausgleichsmechanismus hält Lehner für schwierig. „Wenn man Importe besteuert, erzeugt man Gleichheit und damit grundsätzlich einen Vorteil. Auf der anderen Seite bekommen Exporteure keinen Ausgleich, das ist ein Wettbewerbsnachteil. Außerdem dürfte mehr Bürokratie entstehen.“
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