Politisches G’riss um den ORF

VN-Hintergrund. Gerold Riedmann zum politischen Spiel hinter den Kulissen des ORF.
Schwarzach Seit Wochen pfeifen jedenfalls die türkisen Spatzen von den Dächern, dass der nächste ORF-General definitiv Roland Weißmann heiße. Nun ist seine Bewerbung offiziell. Er will den ORF “digitaler, jünger, diverser” machen. Der ORF.at-Geschäftsführer hat tatsächlich beste Chancen, seinen derzeitigen Chef Alexander Wrabetz zu beerben. Der türkise Freundeskreis hat – wenn alle ‘richtig’ abstimmen – die notwendige einfache Mehrheit im ORF-Stiftungsrat, dem Aufsichtsgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Als ehemaliger Büroleiter des damaligen kaufmännischen ORF-Direktors Richard Grasl (heute beim Kurier) gilt Weißmann als bestens vernetzt in Sebastian Kurz’ Umfeld. Er selbst präsentiert sich freilich politisch unabhängig.

Wrabetz will
Alexander Wrabetz selbst will ORF-General bleiben, den eingeschlagenen Weg weitergehen. Er ist politisch extrem wandlungsfähig: kein politischer Wetterumschwung konnte ihm bisher etwas anhaben. Etwas zugute kommt Wrabetz, dass es mit der ORF1-Managerin Lisa Totzauer eine etwas überraschende zweite bürgerliche Kandidatin gibt. Sollte es Wrabetz in den kommenden Wochen bis zur Wahl am 10. August gelingen, einzelne Stiftungsräte aus dem ÖVP-Freundeskreis für sich zu gewinnen, dann könnte er am Ende der lachende Dritte sein.
Am Wochenende wird noch eine weitere Bewerbung erwartet: der bisherige TVThek-Chef Thomas Prantner wird mit in den Ring steigen – jedoch wohl eher, um seinen bisherigen Direktorenposten abzusichern.

Westen
Im Nachgang des Generaldirektors werden auch die Landesdirektorenposten neu vorgeschlagen. Der Vorarlberg ORF-Landesdirektor bemüht sich sehr, mit seinem derzeitigen Chef Wrabetz und auch dem möglichen neuen Chef Weißmann kompatibel zu sein. Mit neuen Schweiz-Korrespondentin Marion Flatz-Mäser dürfte es auch eine weitere Bewerberin geben. Durch das nach wie vor vorhandene “Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei der Bestellung von ORF-Landesdirektoren” wäre es hauptsächlich der Landeshauptmann, der einen Wechselwunsch deponieren müsste – und das hat Markus Wallner bislang nicht getan. Generell soll der geringe Frauenanteil in der Führung der Landesstudios auch über die Chefredakteursposten gehoben werden. Auch sie gehören zum “Personalpaket”.

Aufgrund dieser Rahmenbedingungen sind es meist ORF-interne Kandidaten, die um den mit rund 400.000 Euro dotierten Generaldirektoren-Posten in Wien rittern. Der ORF und seine Führung stehen stets in einem politischen Wirbelsturm, in diesen Wochen besonders.
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