Politologe Rhomberg über Scholz: „Eine sensationelle Leistung“

Vier Fragen, vier Antworten: Wie es nach der deutschen Bundestagswahl weitergehen könnte.
BREGENZ Markus Rhomberg, Politikwissenschaftler und Geschäftsführer der Internationalen Bodenseehochschule, unterstreicht den deutlichen Erfolg von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bei der Bundestagswahl. Ob in der Union alle Regierungsverhandlungen wünschen, sei hingegen noch nicht ausgemacht.
Ist Scholz der strahlende Wahlsieger?
Er ist Spitzenkandidat jener Partei – der SPD – die neben den Grünen den größten Gewinn gemacht hat. Es muss sich zwar erst zeigen, wie viel der Erfolg später wert ist. Was man allerdings sagen muss: Scholz hat die Sozialdemokratie von zunächst etwa 14, 15 Prozent in den Umfragen in kurzer Zeit auf rund 26 Prozent bei der Wahl geführt. Das ist eine sensationelle Leistung; im Frühling hätte das noch niemand geglaubt.

Hat die Union noch Chancen auf das Kanzleramt?
Das wird sich in den nächsten Tagen weisen. Es war schon interessant, mit welcher Nonchalance das deutliche Minus am Wahlabend weggewischt und zunächst von einem Regierungsauftrag gesprochen wurde. Dass es innerhalb der Union ein starkes Mandat für Regierungsverhandlungen gibt, ist nicht ausgemacht. Das zeigen kritische Stimmen aus den Ländern, etwa von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.
Was eine mögliche Ampel- oder Jamaika-Koalition angeht: In welcher Position sind FDP und Grüne?
Für SPD und Union gibt es im Prinzip jeweils nur eine Option, für die FDP und die Grünen zwei. Sie versuchen nun den Preis nach oben zu treiben. Es ist alles offen. Normalerweise würde man vermuten, dass die stärkste Partei damit beginnt, Gespräche zu führen. Nun wollen erst einmal FDP und Grüne miteinander reden. Das ist eine paradoxe Situation.
Ist eine Neuauflage der großen Koalition ausgeschlossen?
Über eine große Koalition spricht derzeit niemand. Zwar wollen es weder Sozialdemokraten noch Union – doch ich würde es noch nicht komplett ausschließen. Nach der Wahl im Jahr 2017 kam es auch dazu, als die FDP die damaligen Jamaika-Verhandlungen platzen ließ.