„Man wird Korruption nie ganz auslöschen können, aber…“

Es brauche mehr Transparenz, Kontroll- und Ermittlungsdruck, sagen Ex-OGH-Präsidentin Irmgard Griss und Landesrechnungshofpräsidentin Brigitte Eggler-Bargehr.
Wien Die Inseratenaffäre zeige, dass sich das Verhältnis zwischen Politik und Medien verändern müsse, sagt die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss, eine der Proponentinnen des Anti-Korruptionsvolksbegehrens. Es brauche klare Richtlinien, Kriterien und vor allem Transparenz, wenn Ministerien Inserate schalten. Dem stimmt auch die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Brigitte Eggler-Bargehr zu. „Transparenz ist ein entscheidender Faktor für Korruptionsprävention“, sagt sie. Drei Hebel seien zentral: klare Vorgaben, eine gewisse Einstellung der handelnden Personen und Kontrolle.
Hintertüren schließen
„Bei den Vorgaben ist es wichtig, dass es keine Hintertüren und Umgehungsmöglichkeiten gibt“, sagt Eggler-Bargehr. Lücken hätten sich im Parteienfinanzierungsgesetz offenbart, ebenso wie im Spekulationsverbotsgesetz, wie bei Spekulationsgeschäften in der Gemeinde Fußach deutlich wurde. Gleichzeitig sollten die Strafen angezogen werden. Auch Griss appelliert, Sanktionen zu verschärfen, unter anderem gegen Bestechlichkeit, wenn Politiker Vorteile gegen Geld anbieten.
Kontroll- und Ermittlungsdruck
„Noch wichtiger ist der Ermittlungsdruck“, sagt die frühere OGH-Präsidentin. Dafür müsse die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausreichend ausgestattet werden. Es brauche mehr Staatsanwälte und Fachkräfte. Das fordert die WKStA immer wieder. Eggler-Bargehr bezeichnet auch die Kontrollmöglichkeiten als zentral: „Alleine präventive Kontrolle – wenn jemand weiß, dass er geprüft werden könnte – kann wahnsinnig wirksam sein.“ Es brauche klare Vorgaben für den Rechnungshof, etwa wenn es um Fördervergaben gehe: „Da sollte nicht überprüft werden müssen, ob man prüfen darf.“ Was die Parteienfinanzierung anbelangt, müsse der Rechnungshof volle Einsicht erhalten. Davon ist auch Griss überzeugt. Eggler-Bargehr hält allerdings fest, dass zuerst die Ressourcen geklärt sein müssten, bevor Kompetenzen ausgeweitet werden. Denn schon jetzt sei die Wahrscheinlichkeit nicht wahnsinnig hoch, dass man nach einer Prüfung bald wieder an der Reihe sei. „Wir haben so viele Prüfobjekte und so wenige Ressourcen. Da ist der Rhythmus sehr lange“, betont Eggler-Bargehr.

Appell an die Moral
Neben alledem brauche es auch Haltung, Ethik und Moral. Man müsse sich zu Spielregeln selbst verpflichten, sagt die Landesrechnungshofpräsidentin. Alles könne das Recht nicht erwirken, ist auch Griss überzeugt. „Die Moral ist das Optimum, ein anständiges Verhalten, das nicht nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist und auf andere Rücksicht nimmt, dass man sich an Werten orientiert und wahrhaftig kommuniziert.“ Im politischen Betrieb sei es wichtig, welches Personal die Parteien auswählen. Die Letztentscheidung würden aber die Wähler tragen. Anstand, Moral und Qualifikation müssten für alle eine tragende Rolle spielen: „Nur keine Vorstrafen zu haben, ist zu wenig.“
Vermeidbare Affäre
Hätte es bereits klare Regeln für das Verhältnis zwischen Medien und Politik gegeben, wäre manches, was jetzt ans Tageslicht zu kommen scheint, nicht möglich gewesen, ist die frühere OGH-Präsidentin überzeugt. „Man wird Korruption nie ganz auslöschen können. Man kann sie aber eindämmen.“
So sollten Ministerien Inserate nur schalten dürfen, wenn ein klares Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bestehe, fordert Griss. „Es kann nicht sein, dass Jubelmeldungen und Ankündigungen um Steuergeld gedruckt werden, wie wir es jetzt bei der Steuerreform sehen. Da gibt es noch kein Informationsbedürfnis. Anders ist es, wenn die Steuerreform durch ist und man informiert, was sich jetzt ändert.“
Amtsgeheimnis abschaffen
Mehr Transparenz würde auch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses bringen: „Jede Bürgerin und jeder Bürger müsste das Recht haben, informiert zu werden“, sagt Griss. Auch Eggler-Bargehr kennt die Debatte schon lange. „Nun liegen wieder Vorschläge auf dem Tisch, aber viel weiter geht es nicht. Natürlich ist es ein komplexes Thema. Aber die Frage ist, ob es wirklich ein tiefes innerstes Bedürfnis gibt, hier etwas vorwärts zu bringen.“