Den Kindergärten fehlt das Personal

Politik / 19.10.2021 • 03:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Den Kindergärten fehlt das Personal
Alle Bundesländer kämpfen mit Fachkräftemangel im elementarpädagogischen Bereich. Vergangene Woche protestierten Pädagoginnen in Wien.APA

Arbeitsbedingungen schrecken laut Gewerkschaft Neueinsteiger ab.

Bregenz, Wien Die Situation sei wie in der Pflege, nur weniger sichtbar. Auch in den Kindergärten fehle das Personal, sagt Gewerkschafterin Monika Zumtobel: “Der Mangel ist eklatant.“ Das liege unter anderem an den Rahmenbedingungen. Die Gruppen seien zu groß und die Aufgaben nähmen zu. Das schrecke viele junge Kolleginnen ab. In manchen Gruppen mussten sogar Assistentinnen einspringen, weil es keine ausgebildete Pädagogin für die Gruppenleitung gab.

Die zuständige Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) ist sich des Problems bewusst. Sie kennt fünf Fälle, in denen eine Kindergartengruppe länger als drei Wochen von einer Assistenz geführt werden musste. “Bei der Vielzahl an Kinderbetreuungseinrichtungen ist das aber nicht sehr häufig.” Das Land zählt 157 Kleinkindbetreuungseinrichtungen, 49 Spielgruppen, 256 Kindergärten und 194 Einrichtungen zur Schülerbetreuung mit insgesamt 30.765 Kindern. 56 Tageseltern kümmern sich zudem um 170 Kinder.

Ein großes Problem ist die Demographie. Während die geburtenstarken Jahrgänge vor ihrem Pensionsantritt stehen, “haben wir nicht gleich viele Junge, um das eins zu eins aufzufangen”, erklärt Schöbi-Fink. Das Land versuche nun, Quereinsteiger aufzufangen. “Wir bauen die Kollegs massiv aus. Mittlerweile starten zwei pro Jahr.” Assistentinnen können sich außerdem berufsbegleitend zur Elementarpädagogin weiterbilden.

Kritik an neuem Lehrgang

Vergangene Woche legte der Nationalrat den Grundstein für einen einjährigen Hochschullehrgang im Bereich der Elementarpädagogik. Dieser soll allen mit bereits facheinschlägiger Ausbildung offen stehen. Dem Gemeindeverband ist das zu wenig. Man hätte den Zugang zur Ausbildung weiter fassen und zum Beispiel auch für Personen aus der Kinder- und Jugendheilkunde öffnen müssen, sagt Präsidentin Andrea Kaufmann. Die Pädagogische Hochschule in Vorarlberg wird den Lehrgang nicht anbieten, berichtet Schöbi-Fink. Dem Vernehmen nach besteht die Befürchtung, dadurch zu viele Volksschullehrerinnen abzuwerben – von denen es bekanntlich auch schon zu wenige gibt.

Gewerkschafterin Monika Zumtobel ortet mehrere Gründe für den Fachkräftemangel im elementarpädagogischen Bereich: Durch Karenzen und Schwangerschaften – 98 Prozent des Personals ist weiblich – komme es immer wieder zu Abgängen. Ebenso stünden zahlreiche Pensionsantritte an. Am schwersten wiegen laut Zumtobel aber die Arbeitsbedingungen: “Der Erwachsenen-Kind-Schlüssel gehört verändert. Wenn man einmal einen Tag in einer Gruppe mit 25 Kindern verbringt, hat man einen leichten Gehörschaden.” Es sei schwierig, den Kindern in so großen Gruppen gerecht zu werden: “Wir haben versucht, in einer Woche mit jedem Kind zehn Minuten zu sprechen. Das ist uns nicht gelungen.” Zusätzlich würden immer mehr Aufgaben in die Kindergärten hineingetragen, von der Sprachförderung über die Mittagsbetreuung bis zum Ausbau der Öffnungszeiten. “Das ist für manche junge Kolleginnen sehr erschreckend.”

“Viele arbeiten am Limit”, erzählt Zumtobel. Manche ziehen weiter. Bessere Rahmenbedingungen wären ein Schlüssel gegen den Fachkräftemangel, betont die Gewerkschafterin. Dafür bräuchte es aber wiederum mehr Personal.

Fakten

656 Betreuungseinrichtungen (ohne Tageseltern) werden in Vorarlberg 2020/21 gezählt. Dort werden insgesamt 30.765 Kinder betreut.

 

3497 Beschäftigte zählt das Land in der Kinderbetreuung, in Spielgruppen und im Kindergarten. Die meisten davon – nämlich 2012 – in den Kindergärten. Insgesamt sind 1152 als unterstützende Helferinnen tätig.

 

1026 der 3497 Beschäftigten sind zwischen 40 und 50 Jahre alt. 779 gehören zur Altersklasse 50 bis 60 und 49 Beschäftigte sind bereits älter als 60 Jahre.

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