Tomaselli: “Stehen am Anfang der politischen Aufräumarbeiten”

Die Grüne Fraktionsführerin verspricht sich vieles vom neuen U-Ausschuss, appelliert an Wolfgang Sobotka zur Seite zu treten, hofft auf eine Kooperation der ÖVP-Ministerien und auf eine rasche Umsetzung der Transparenzgesetzgebung.
Wien Befindlichkeiten seien derzeit fehl am Platz. Nun gehe es um Verantwortung und Aufklärung, sagt Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli, die gemeinsam mit David Stögmüller im anstehenden ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss wieder die Grüne Fraktionsführung übernehmen wird. Sie schätzt, dass im Jänner mit den Befragungen gestartet werden kann, vorausgesetzt, ein ÖVP-geführtes Ministerium verzögere nicht wieder die Aktenlieferung. Von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der laut Geschäftsordnung als Vorsitz vorgesehen ist, wünscht sich Tomaselli, zur Seite zu treten. Das wäre im Sinne einer geordneten und ungestörten Aufklärung. Daneben würden die Grünen in Sachen Transparenzgesetzgebung, Informationsfreiheit, Parteienfinanzierung und Medienförderung den Druck aufrecht erhalten. Die aktuellen Ereignisse hätten der Politik nochmals die Rute ins Feuer gestellt, um strengere Regeln zu treffen. Auch beim Anti-Glückspielpaket hofft Tomaselli, „dass sich die ÖVP bald einen Ruck gibt“.
Wie ist die Stimmung in der Koalition?
Es geht im Moment nicht um Befindlichkeiten, sondern darum, jetzt die Verantwortung für die Republik zu übernehmen. Wir müssen uns um die großen Herausforderungen kümmern. Die Klimakrise, die Pandemiebekämpfung und der Schutz des Rechtsstaates warten nicht.
Was ist mit den Vorhaben passiert, mehr Transparenz in die Parteienfinanzierung zu bringen, oder das Informationsfreiheitsgesetz umzusetzen?
Wir haben schon große Projekte auf den Weg gebracht: das Klimaticket, die ökosoziale Steuerreform und den Plastikpfand. Was die Transparenz, die Informationsfreiheit, die Parteienfinanzierung und die Medienförderung betrifft, werden wir Grünen mit der selben Hartnäckigkeit dahinter bleiben.
Striktere Gesetze zur Parteienfinanzierung wurden bereits im Februar angekündigt. Danach ist nichts mehr passiert.
Da laufen die Verhandlungen auf Hochtouren. Das Regierungsprogramm gibt viele Eckpunkte vor. Ein wesentlicher ist, dass der Rechnungshof volle Einschau in die Bücher aller Parteien erhält. Sobald wir uns einig sind, müssen wir aber auch noch mit den Oppositionsfraktionen reden. Es ist wichtig, dass die Sache breit getragen wird, damit die strengen Regeln auch eine Akzeptanz finden.
Hat die ÖVP-Affäre Notwendigkeiten zutage gebracht, die noch nicht im Regierungsprogramm verankert sind?
Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf geeinigt, die Medienförderung und Inseratenvergabe auf neue Füße zu stellen. Wie das konkret aussieht, ist Sache der Verhandlung. Aber natürlich: Die aktuellen Ereignisse haben uns Politikern nochmals die Rute ins Fenster gestellt, strenge Regeln für die Inseratenschaltungen zu treffen und mehr auf qualitätsbasierte Medienförderung zu achten.

Bis wann müssen die Bereiche Transparenz, striktere Parteienfinanzierung und Co. abgearbeitet sein. Was ist der maximale Zeitrahmen?
Gerade was die Transparenz anbelangt gilt für uns Grüne: Je früher desto besser. Je strenger desto besser.
Wann kommt das Anti-Glückspielpaket?
Auch hier laufen die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner. Ich kann nur versprechen, dass wir Grüne alles tun, dass es möglichst bald umgesetzt wird. Ich hoffe, dass sich auch die ÖVP bald einen Ruck gibt.
Der U-Ausschuss wird von der Opposition einberufen, aber ganz offen von den Grünen unterstützt. Ist das der Stimmung zuträglich?
Die ÖVP weiß ja, wen sie sich als Regierungspartner ins Boot geholt hat. Die Grünen sind nicht nur eine Umwelt- sondern auch eine Antikorruptionspartei und eine Partei, die starken Parlamentarismus unterstützt. Jetzt muss Aufklärung im Zentrum der politischen Arbeit stehen, um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen.
Geht das mit Wolfgang Sobotka an der Spitze des U-Ausschusses?
Die Geschäftsordnung sieht vor, dass der Nationalratspräsident den Vorsitz übernimmt. Wolfgang Sobotka ist der Einzige, der sich selbst für befangen erklären kann. Bei alldem, was passiert ist, muss jetzt wieder Ruhe reinkommen. Im Ibiza-U-Ausschuss hat seine Vorsitzführung aber immer für sehr viel Streit gesorgt. Es ist die Frage dich sich Wolfgang Sobotka stellen muss, ob es das richtige Zeichen wäre, den Vorsitz zu übernehmen.

Sobotka soll zur Seite treten?
Im Sinne der geordneten und ungestörten Aufklärung, wäre es wünschenswert, dass er den Vorsitz abgibt.
Erwarten Sie sich vom ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ähnliche Ergebnisse wie vom Ibiza-U-Ausschuss? Oder ist ohnehin schon sehr viel bekannt?
Bei den Vorwürfen, die aktuell im Raum stehen, geht es um Machenschaften rund um Inserate, getürkte Umfragen und mutmaßlichen Steuergeldmissbrauch. Da sind wir tatsächlich am Anfang der politischen Aufräumarbeiten.
Wann kann der U-Ausschuss mit den Befragungen beginnen?
Die große Unbekannte ist, ob ein ÖVP-geführtes Ministerium wieder für Verzögerungen bei den Aktenlieferungen sorgt oder den Verfassungsgerichtshof anruft. Wenn alles ruckelfrei abläuft, können wir realistischerweise im Jänner mit den Befragungen starten.
Hat Sich Ihre Arbeit mit dem neuen ÖVP-Klubobmann Sebastian Kurz im Parlament verändert?
Noch habe ich keinen Unterschied festgestellt.