Afghanen im Zug an Rheintaler Grenze: Alle tauchen unter

Die Schweizer Behörden halten inzwischen täglich Afghanen im Nachtzug an. Innerhalb von 24 Stunden tauchen diese wieder unter.
St. Gallen Sie sind männlich, aus Afghanistan, reisen mit gültigem Ticket aber ohne Gepäck. Jeder zweite ist jünger als 18 Jahre alt, vier von fünf haben ein laufendes Asylverfahren in Österreich. Allein am Mittwochmorgen griffen die St. Galler Behörden 38 Migranten im Nachtzug aus Wien auf, in der vergangenen Woche waren es 260, im Juli 2500.
Praktisch alle reisen weiter
Die Minderjährigen werden in Wil untergebracht, 50 Betten stehen dort zur Verfügung. Dies reiche aus, denn: “Manchmal befindet sich am nächsten Morgen noch eine Person dort”, räumt St. Gallens Polizeikommandant Bruno Zanga ein. “Praktisch alle Personen, die wir antreffen, tauchen innerhalb eines Tages wieder unter.” Festhalten könne man die illegal Eingereisten nicht, betont Zanga, dies sieht das Gesetz nicht vor. Dennoch binden die Kontrollen viele Kräfte. Die Polizei habe die Patrouillentätigkeit im Kanton bereits reduzieren müssen, um Kräfte für die Kontrollen bereitzustellen, bestätigt der St. Galler Sicherheitsregierungsrat Fredy Fässler.

Die Reisenden sind oft seit Monaten schon in Europa, weiß Daniel Bach vom Migrationsamt St. Gallen. Ihr Ziel: Frankreich, eventuell auch Großbritannien. Grundsätzlich sind Deutschland und Frankreich die begehrtesten Zielländer der Migranten. Hier versprechen sich viele Afghanen bessere Chancen als in Griechenland oder Österreich, bleiben zu dürfen. Vorarlberg und die Schweiz sind reine Transitländer. Weniger als zehn Prozent stellen einen Asylantrag, der Rest will schnellstmöglich weiter. “Viele versuchen den Spätherbst zu nutzen, um ihr Zielland zu erreichen”, erklärt Bach den Anstieg an Reisenden. Mit dem Einsetzen des Winters werde sich die Migration einstellen. Da die Ausreise aus Afghanistan seit dem Regimewechsel beinahe unmöglich ist, dürfte die Migration im Frühjahr geringer ausfallen als derzeit.
Kaum Rückführungen
Grundsätzlich gibt es ein erleichtertes Rückführungsprogramm mit Österreich für unregistrierte Flüchtlinge, die kein Asyl beantragen. Registrierte Flüchtlinge, die unter das Dublin-Verfahren fallen, und Minderjährige müssen direkt mit Wien abgeklärt werden, dies dauere länger. Da die Polizei jedoch die Verfahren aufgrund des Andrangs nicht innerhalb eines Tages abschließen kann, komme es durch die Weiterreise der Angehaltenen praktisch nie soweit.
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Die Kräfte des Zolls und der Kantonspolizei sollen im Laufe des Dezembers in einem neuen Bearbeitungszentrum gebündelt werden. Davon verspricht sich Zanga, die Verfahren innerhalb eines Tages abschließen und Rückführungen einleiten zu können. Im Raum steht auch, einen Verbindungsoffizier der Vorarlberger Polizei einzuladen, um die Kommunikation zu vereinfachen. Die Kooperation mit der Vorarlberger Polizei funktioniere gut, Kritik gibt es aber an Wien. “Die Frage, warum man die Weiterreise nicht direkt in Wien unterbindet, stellt man hier den falschen Personen”, verteidigt sich Zanga.
Verhandlungen mit Österreich
Parallel laufen seit Jahren Verhandlungen zwischen der Schweiz und Österreich, um die Rückführung von aufgegriffenen Migranten zu erleichtern. Diese stünden grundsätzlich seines Wissens kurz vor dem Abschluss, verrät Fässler. Österreich habe aber keinen Stress, den Vertrag zu unterschreiben. “Österreich hat selbst eine große Zahl an Asylsuchenden”, zeigt er dafür Verständnis. “Sie wollen ja auch nicht alle behalten.”
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