Nachbarn stellen mit Verzögerung so viele Infektionen fest wie noch nie

Schweiz befürchtet Schlimmeres. Deutsche Bodenseeregion steht vor großen Herausforderungen.
SCHWARZACH Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Österreich bzw. auch Vorarlberg befinden sich mitten in der vierten Welle, in der Schweiz wird eine solche erst wahrgenommen.
Die Regierung sieht dort aber noch keine Notwendigkeit, Verschärfungen vorzunehmen. Noch sei der Zeitpunkt dafür nicht gekommen, erklärt Gesundheitsminister Alain Berset. Kritiker behaupten, das hänge mit der heiklen Volksabstimmung über Corona-Maßnahmen am Sonntag zusammen. Von offizieller Seite wird das zurückgewiesen.
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag warnten eidgenössische Experten erstmals vor Schlimmerem: Nach den Infektionszahlen steige auch die Auslastung der Spitäler. Laut Tanja Stadler von der „Task Force“, die staatliche Stellen berät, hinkt die Schweiz Österreich nur um ein paar Wochen hinterher: drei Wochen beim Infektionsgeschehen und fünf in Bezug auf die Spitäler.
Philipp Lutz vom Kantonsspital St. Gallen berichtet von ersten Vorboten: Zuletzt sei es vergleichsweise ruhig gewesen. „Die neuste Entwicklung bereitet uns jedoch Sorgen. Wir bekommen erste Anfragen von anderen Kantonen zur Übernahme von Covid19-Patienten. Das ist kein gutes Zeichen“, so Lutz. Seit Ende vergangener Woche ist die Zahl der Patienten im Kanton um mehr als die Hälfte auf 72 gestiegen, sechs müssen intensivmedizinisch behandelt werden. Ein Problem laut Lutz: Es steht weniger Fachpersonal zur Verfügung als vor einem Jahr.
In der deutschen Bodenseeregion ist man längst mit größeren Herausforderungen konfrontiert. „Die Lage ist dramatisch, die Zahlen entwickeln sich exponentiell, die Intensivstationen sind vollgelaufen“, erklärte Andreas Kaenders vom Landratsamt Oberallgäu vor wenigen Tagen. Geändert hat sich seither wenig. Die Inzidenz bestätigter Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche beträgt im Oberallgäu 859.
Wie überall in der Region ist sie damit so hoch wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Zunächst wurde nur ein Teil der Infektionen registriert. Ab Herbst 2020 wurden die Angaben aussagekräftiger. Vor einem Jahr nahm die Inzidenz auf bis zu 850 in Vorarlberg zu, rund 550 in St. Gallen und kurz darauf 785 in Liechtenstein. Heute ist sie – mit 1315 – wieder in Vorarlberg am höchsten. In St. Gallen wuchs der Wert auf knapp 800, in Liechtenstein auf rund 1000.
Die Regierung des Fürstentums zog Konsequenzen und erließ nun eine allgemeine Maskenpflicht in Innenräumen. Kindergärten und Primarschulen (Volksschulen) sind davon ausgenommen. Gelten soll die Regelung vorerst bis Weihnachten.
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