Neue Vorgaben für Parteien: kürzerer Wahlkampf, striktere Transparenzregeln, schärfere Strafen

Politik / 01.03.2022 • 18:00 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Neue Vorgaben für Parteien: kürzerer Wahlkampf, striktere Transparenzregeln, schärfere Strafen
Am Mittwoch wird sich der Rechtsausschuss im Landtag mit mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung befassen, eine Woche später kommen die strengeren Regeln zur Abstimmung in den Landtag. VN

Regierungs- und Oppositionsparteien einigen sich auf neue Vorgaben.

Schwarzach Jetzt kommt mehr Transparenz ins Spiel. Die Regierungs- und Oppositionsparteien haben sich im Vorfeld des Rechtsausschusses am Mittwoch auf eine Vorlage mit umfassenden Transparenzregeln geeinigt. Die Mehrheit ist also gesichert, kommende Woche folgt die Abstimmung im Landtag. Daraufhin wird ein neues Parteienförderungsgesetz nach den beschlossenen Eckpunkten ausgearbeitet. Demnach müssen die Parteien im Land Schulden und Vermögenswerte lückenlos offenlegen, nahezu gleiches gilt für Einnahmen aus Spenden, Inseraten und Sponsorings. Der Wahlkampf darf vor einer Landtagswahl nur noch maximal drei Wochen dauern. Nur bei der Wahlkampfkostenobergrenze gibt es noch Unstimmigkeiten.

Der Landes-Rechnungshof erhält mehr Prüfrechte. <span class="copyright">VN</span>
Der Landes-Rechnungshof erhält mehr Prüfrechte. VN

Rechnungshof

Bund. Der Rechnungshof kann künftig Einschau in die Parteibilanz nehmen, allerding nur wenn er einen begründeten Verdacht hat, dass das Parteiengesetz verletzt worden ist. Die Partei muss zuvor die Gelegenheit erhalten, Stellung dazu zu nehmen. Hält sie eine Prüfung des Rechnungshofs für nicht gerechtfertigt, kann sie den Verfassungsgerichtshof anrufen.

Land. Auch die Kontrollrechte des Landesrechnungshofs werden ausgeweitet. Im Zentrum steht vor allem die Kontrolle der Wahlkampfkostenobergrenze, ebenso der Blick in die Wahlwerbungsberichte zur Landtagswahl. Auch soll der Landesrechnungshof die Parteibilanzen prüfen dürfen, Vorbild sollen die Vorgaben des Bundes werden.

Wahlkampfkostenobergrenze

Bund. Parteien dürfen maximal 7,2 Millionen Euro für ihren Nationalratswahlkampf ausgeben. Daran ändert sich vorläufig nichts.

Land. Die Wahlkampfkostenobergrenze liegt künftig bei 2,85 Euro pro Wahlberechtigtem bei einer Landtagswahl. Auf diesen Kompromiss haben sich ÖVP und Grüne geeinigt. Die Opposition wünschte sich eine Grenze von zwei Euro, auch die Grünen unterstützten diese Forderung in einem im Juli 2019 beschlossenen Antrag. Die ÖVP forderte damals, die Wahlkampfkosten auf drei Euro pro Wahlberechtigtem zu begrenzen. Bei der vergangenen Landtagswahl zählte Vorarlberg 270.501 Wahlberechtigte. Bei einer Wahlkampfkostenobergrenze von 2,85 Euro sind somit künftig Ausgaben von rund 771.000 Euro möglich. Bei zwei Euro wären es 541.000 gewesen. Bislang gab es im Land keine gesetzlich festgelegte Wahlkampfkostenobergrenze.

Die ÖVP wollte bei der Wahlkampfkostenobergrenze von zwei Euro pro Wahlberechtigtem nicht mitgehen. <span class="copyright">VN</span>
Die ÖVP wollte bei der Wahlkampfkostenobergrenze von zwei Euro pro Wahlberechtigtem nicht mitgehen. VN

Offenlegung der Wahlwerbung

Bund. Anders als bisher sollen die Parteien ihre Wahlwerbungsausgaben deutlich detaillierter auflisten müssen und die Kosten für Plakate, Direktwerbung, Inserate und Werbeeinschaltungen separat ausweisen. Der entsprechende Bericht muss sechs Monate nach der Wahl veröffentlicht werden. Auch Teil- und Vorfeldorganisationen sowie Personenkomitees sind davon umfasst.

Land. Im Land haben die Parteien vier Monate Zeit, ihre Wahlwerbungskosten nach dem Wahltermin offenzulegen. Auch hier ist eine detaillierte Auflistung gefragt. Umfasst werden müssen alle Aktionen ab dem Stichtag der Wahl bis zum Wahltag – unabhängig des Rechnungsdatums oder Zahlungstermins. Definiert werden Wahlwerbungskosten mit „Ausgaben, die über den laufenden Betrieb hinausgehen“, auch mit Blick auf Teilorganisationen und den Parteien nahestehende Organisationen sowie Personenkomitees. Aufgelistet werden muss der Aufwand für Außenwerbung, Direktwerbung, Inserate, Werbeeinschaltungen, Agenturen, zusätzliches Personal und Wahlveranstaltungen.

Weniger Werbung

Land. Mit der Beschränkung der Werbemaßnahmen gehen die Landtagsparteien einen Sonderweg. Künftig sind sie lediglich drei Wochen vor dem Wahltag erlaubt. Das gilt für Plakatwerbung, Postwurfsendungen und Werbeeinschaltungen. Insgesamt sollen in dieser Zeit maximal 300 Wahlplakate angebracht werden, davon dürfen bis zu 50 Stück Großplakate sein

Jede Partei muss alle Geld- und Sachspenden sowie Inserate und Sponsorings veröffentlichen. <span class="copyright">VN</span>
Jede Partei muss alle Geld- und Sachspenden sowie Inserate und Sponsorings veröffentlichen. VN

Parteispenden

Bund. Spenden ab 150 Euro müssen alle drei Monate dem Rechnungshof gemeldet werden, Spenden ab 500 Euro gehören laut Plänen der Bundesregierung künftig unverzüglich veröffentlicht. Einzelspenden über 7720 Euro bleiben verboten, die Spendenobergrenze einer Partei liegt bei 772.000 Euro jährlich.

Land. Alle Einnahmen aus Spenden, Inseraten und Sponsorings müssen veröffentlicht werden. Jede Partei muss alle Geld- und Sachspenden sowie Inserate und Sponsorings, die mit ihr in Verbindung stehen – also auch über Beteiligungsunternehmen oder nahestehenden Organisationen – mindestens einmal jährlich öffentlich zugänglich machen, unter anderem auf der eigenen Webseite und im Rechenschaftsbericht.

Die Sanktionen

Bund. Gibt eine Parlamentspartei ihren Wahlkampf- oder Rechenschaftsbericht nicht ab, muss sie bis zu 50.000 Euro bezahlen. Wie bisher kann auch ein Teil der Parteienförderung einbehalten werden. Die Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze soll deutlich teurer werden, die Strafe könnte das Doppelte der Überschreitung betragen.

Land. Bei Verstößen gegen das neue Parteienförderungsgesetz in Vorarlberg kann die bereits gewährte Parteienförderung gänzlich oder zum Teil zurückgefordert werden.

Die Parteischulden und das Vermögen

Bund. Künftig sollen Parteien ihre Schulden und Vermögen offenlegen und dazu eine vereinfachte Bilanz vorlegen müssen. Sie muss alle Immobilien, Beteiligungen, Anlagen, etc. enthalten, ebenso Schulden und Rückstellungen.

Land. Landesorganisationen müssten nach Bundesvorgabe deutlich weniger melden, nämlich Immobilien und Schulden erst ab 50.000 Euro. Die Parteien im Landtag wollen hier allerdings striktere Regeln. „Im Gegensatz zur Bundesvorgabe sind im Landesrechenschaftsbericht alle Verbindlichkeiten unabhängig von der Höhe anzuführen“, heißt es in der Vorlage für den Rechtsausschuss.

Aufgrund der neuen Berichtspflichten sowie der neuen Kontrollmöglichkeiten und Einschaurechte der Rechnungshöfe ist Transparenz in Zukunft nicht nur ein Schlagwort, sondern Realität. Wir verkürzen die Landtagswahlkämpfe nochmals um eine Woche auf drei Wochen, gegenüber den in Österreich sonst üblichen sechs Wochen. Die Parteien werden dadurch und aufgrund der neuen Obergrenze weniger Geld ausgeben. <strong>Roland Frühstück, ÖVP</strong>
Aufgrund der neuen Berichtspflichten sowie der neuen Kontrollmöglichkeiten und Einschaurechte der Rechnungshöfe ist Transparenz in Zukunft nicht nur ein Schlagwort, sondern Realität. Wir verkürzen die Landtagswahlkämpfe nochmals um eine Woche auf drei Wochen, gegenüber den in Österreich sonst üblichen sechs Wochen. Die Parteien werden dadurch und aufgrund der neuen Obergrenze weniger Geld ausgeben. Roland Frühstück, ÖVP
Gläserne Parteikassen werden Realität. Die Landesparteien müssen alle Einnahmen aus Spenden, Inseraten und Sponsorings der Landesparteien sowie Beteiligungsunternehmen und aller der Landespartei nahestehenden Organisationen namentlich und der Höhe nach öffentlich zugänglich machen sowie im Rechenschaftsbericht veröffentlichen. <strong>Daniel Zadra, Grüne</strong>
Gläserne Parteikassen werden Realität. Die Landesparteien müssen alle Einnahmen aus Spenden, Inseraten und Sponsorings der Landesparteien sowie Beteiligungsunternehmen und aller der Landespartei nahestehenden Organisationen namentlich und der Höhe nach öffentlich zugänglich machen sowie im Rechenschaftsbericht veröffentlichen. Daniel Zadra, Grüne
Die ÖVP ist mit dem Bekanntwerden ihrer fragwürdigen Inserate- und Querfinanzierungskonstrukten unter Druck geraten. Dieses Zeitfenster mussten wir nun nutzen, um zu besseren Transparenzregeln zu kommen. Vor allem die erweiterten Prüfrechte des Rechnungshofs sind wichtig. Bei den Wahlkampfkosten hätte ich mir eine Obergrenze von zwei Euro pro Wahlwerber gewünscht. Der FPÖ-Antrag dazu bleibt aufrecht, bei allen anderen Punkten stimmen wir mit.<strong> Christof Bitschi, FPÖ</strong>
Die ÖVP ist mit dem Bekanntwerden ihrer fragwürdigen Inserate- und Querfinanzierungskonstrukten unter Druck geraten. Dieses Zeitfenster mussten wir nun nutzen, um zu besseren Transparenzregeln zu kommen. Vor allem die erweiterten Prüfrechte des Rechnungshofs sind wichtig. Bei den Wahlkampfkosten hätte ich mir eine Obergrenze von zwei Euro pro Wahlwerber gewünscht. Der FPÖ-Antrag dazu bleibt aufrecht, bei allen anderen Punkten stimmen wir mit. Christof Bitschi, FPÖ
Der gemeinsame Druck der Oppositionsparteien hat sich gelohnt. Bei der nächsten Landtagswahl gibt es klare Kostenobergrenzen für alle Parteien. Zusätzlich werden Schlupflöcher geschlossen, mit denen bislang indirekte Parteienfinanzierung möglich war. Wir werden weiterhin wachsam sein und genau darauf achten, wo es weitere Verbesserungen braucht. <strong>Manuela Auer, SPÖ</strong>
Der gemeinsame Druck der Oppositionsparteien hat sich gelohnt. Bei der nächsten Landtagswahl gibt es klare Kostenobergrenzen für alle Parteien. Zusätzlich werden Schlupflöcher geschlossen, mit denen bislang indirekte Parteienfinanzierung möglich war. Wir werden weiterhin wachsam sein und genau darauf achten, wo es weitere Verbesserungen braucht. Manuela Auer, SPÖ
Es ist schade, dass es immer einen Skandal braucht, der die Vorarlberger Volkspartei zum Handeln zwingt. Trotzdem begrüßen wir den Entwurf. Er  bringt wesentliche Änderungen in der Offenlegung der Parteifinanzen inklusive der Vorfeldorganisationen. Wir hätten die Wahlkampfkostenobergrenze aber bei zwei Euro gezogen und uns umfassendere Prüfrechte für den Rechnungshof gewünscht. <strong>Sabine Scheffknecht, Neos</strong>
Es ist schade, dass es immer einen Skandal braucht, der die Vorarlberger Volkspartei zum Handeln zwingt. Trotzdem begrüßen wir den Entwurf. Er  bringt wesentliche Änderungen in der Offenlegung der Parteifinanzen inklusive der Vorfeldorganisationen. Wir hätten die Wahlkampfkostenobergrenze aber bei zwei Euro gezogen und uns umfassendere Prüfrechte für den Rechnungshof gewünscht. Sabine Scheffknecht, Neos