Große Belastung in den Spitälern: Seit Pandemiebeginn über 3300 Coronapatienten

Zwei Jahre Corona: Ein Versorgungssystem am Anschlag, Teamwork, Frustration und mahnende Worte.
Schwarzach Irgendwann kam die Frustration beim Spitalspersonal. Es war im Frühjahr 2021, als politische Vertreter es für notwendig erachteten, die Pandemie für beendet zu erklären. Die Wortfolge des „Licht am Ende des Tunnels“ fiel in den vergangenen Monaten schon einige Male. In den Vorarlberger Krankenhäusern war allerdings klar, dass Corona noch nicht Geschichte ist, wie Hermann Blaßnig, Oberarzt im Stadtspital Dornbirn, den VN erzählt.
Im Frühjahr 2021 kämpfte das Gesundheitspersonal bereits über ein Jahr um das Leben ihrer Covid-Patienten. Bis zuletzt mussten seit Ausbruch der Pandemie über 3300 Coronaerkrankte in den Spitälern des Landes versorgt werden, fast 500 von ihnen auf der Intensivstation. Die Belastung war groß, berichtet der Chirurg.
Operationen verschoben
„Zu Beginn der Pandemie waren wir mit einer völlig neuen Situation konfrontiert.“ Großteils habe man diese unterschätzt. Dann kamen die Bilder aus Italien. „Es herrschte große Unsicherheit, wie wir das in den Spitälern bewältigen können“, erinnert sich der Oberarzt – ebenso, dass es an Schutzkleidung fehlte. Die Beschaffungslage habe sich aber nach und nach eingespielt. „Es hat sich gezeigt, dass der Zusammenhalt in Ausnahmesituationen groß ist“, lobt Blaßnig unter anderem die Kooperation von Land, Ärztekammer und Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) und das Teamwork in den Spitälern.

„Es hat sich gezeigt, dass der Zusammenhalt in Ausnahmesituationen groß ist“, sagt Blaßnig.
Das Coronavirus machte sich langsam überall bemerkbar – spätestens mit dem ersten Lockdown griff es in alle gesellschaftlichen Bereiche ein. In den Spitälern mussten erste Operationen verschoben werden: Neben der Akutchirurgie hatte nahezu alles andere zu warten. „Es wurden durchaus auch Krebsoperationen verlegt, die man nicht dringend durchführen musste“, erzählt Blaßnig. Bis zum Sommer staute sich einiges an. „Wir mussten die Wartelisten abarbeiten. Es waren beträchtlich lange Listen.“
Am Anschlag
Und dann kam der Herbst 2020. „Da war das Versorgungssystem am Anschlag.“ Von denjenigen, die auf der Intensivstation unter Narkose am Beatmungsschlauch hingen, ist die Hälfte gestorben. „Das haben wir noch nie in dieser Intensität gesehen. Das war eine außerordentliche Belastung für alle Beteiligten, für die Pflege sicher noch mehr als für die Ärzte, weil sie viel näher und länger bei den Patienten sind“, erinnert sich der Oberarzt.
Als die Politik danach den „coolen Sommer“ prophezeite, stieg die Frustration. Es wirkte, als nehme man die Belastung des Personals in Kauf, das den ganzen langen Tag in Schutzkleidung schwitzte und Menschen mit Todesangst in die Augen blickte. „Die psychische Belastung war groß, auch die Erosion des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Es wurde zunehmend in Zweifel gezogen, ob es überhaupt stimmt, dass wir in den Spitälern so belastet sind.“ Die Delta-Welle im Herbst 2021 sei heftig gewesen, nicht ganz so sehr wie im Jahr zuvor. Der Unterschied war allerdings: „Sie war eigentlich vorhersehbar. Die Politik hat das nur negiert“, hält Blaßnig fest.
Fast 24.000 Absonderungstage
Eine zusätzliche Belastung waren die vielen Quarantänezeiten beim Personal. Laut KHBG mussten seit Pandemiebeginn 23.863 Absonderungstage kompensiert werden. „Die bisherigen zwei Jahre Pandemie waren für alle Mitarbeitenden eine extreme Herausforderung“, sagt KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch. Er habe Hochachtung vor ihrer Leistung.
Weiterhin ziehe jeder Covid-Patient im Spital einen großen organisatorischen Aufwand nach sich, erklärt auch der Oberarzt im Stadtspital Dornbirn. Die ganz große Lockerung vom Wochenende sieht er angesichts der hohen Infektionszahlen kritisch. Auch Fleisch findet mahnende Worte: „Covid ist noch nicht vorbei.“
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