Lockerungen und ein Rekord an Neuinfektionen: Wie geht es weiter?

Ein Ende der Coronapandemie ist nicht abzusehen. Passen die aktuellen Coronamaßnahmen zu den hohen Infektionszahlen?
Wien Das Coronavirus hat Österreich fest im Griff. Mit knapp 58.600 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden wurde am Mittwoch ein neuer Rekord geknackt. Experten beantworten, ob es angesichts dieser Zahlen richtig ist, das Testangebot ab 1. April zu reduzieren und was nun an Schulen dringend notwendig ist.
Wann ist der Höchststand an Neuinfektionen erreicht?
Komplexitätsforscher Peter Klimek erwartet für die kommenden Tage einen weiteren, moderaten Anstieg. Er betonte im Ö1-Morgenjournal, dass sich die Geschwindigkeit aber schon langsam abbremst. Im Laufe der zweiten Märzhälfte ist aber noch ein weiterer Spitzenwert zu erwarten.

Wie sieht es in Österreich hinsichtlich der Belastungen in den Spitälern aus?
Schon heute liegt Österreich hier europaweit betrachtet unter den Top 5. Im intensivmedizinischen Bereich (ICU) werden gegenwärtig 221 schwerkranke Covid-Patienten behandelt. Die Experten des Covid-Prognose-Konsortiums rechnen gegen Ende des Monats mit mehr als 300 Covid-Patienten auf den Intensivstationen. Zusätzlich könnten es bis zu 4000 auf den Normalstationen sein.
Das Testangebot wird am Höhepunkt der Welle eingeschränkt: Ist das sinnvoll?
„Man könnte natürlich meinen, dass das am absoluten Höchststand an Neuinfektionen während der gesamten Pandemie nicht der richtige Zeitpunkt ist. Trotzdem bin ich aus virologisch und epidemiologischer Sicht durchaus mit der neuen Teststrategie am 1. April einverstanden. Das wird ausreichen“, sagt Virologe Norbert Nowotny den VN. Er kritisiert die Freitestmöglichkeit ab Tag 5: „Das ist zu früh. Wir wissen, dass da noch 80 Prozent aller Infizierten positiv sind.“ Wenn die Bundesregierung ab Tag 7 ein Freitesten ermöglicht hätte, wären schon die meisten wieder negativ gewesen. „Damit würde man sich sehr viel an Ressourcen ersparen“, sagt Nowotny. Der Virologe gibt zu Bedenken, dass auch weiterhin zusätzliche Tests für vulnerable Bereiche wie Spitäler und Pflegeheime und für Personen mit Symptomen vorgesehen sind.
Kamen die Lockerungen zu früh?
Fast alle Experten sind sich bei diesem Punkt einig. Das sich zuspitzende Infektionsgeschehen liegt an zwei Faktoren: An den Öffnungsschritten vom 5. März und der zunehmenden Dominanz des Omikron-Subtyps BA.2. Vor allem bei jungen Erwachsenen zwischen 15 und 34 Jahren kam es zu einem rasanten Anstieg der Infektionszahlen. „Das war viel zu früh. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass auf der Höhe einer Infektionswelle alles geöffnet wird. Dazu braucht man kein Virologe oder Epidemiologe sein, um zu wissen, dass es durch Nachtgastronomie oder Diskotheken zu mehr Kontakten kommt und die Infektionszahlen steigen.“ Nowotny ergänzt: „Wenn wir noch drei Wochen gewartet hätten, wären die Infektionszahlen von alleine runtergegangen. Und dann hätte man öffnen können“
Wird die neue Teststrategie Kosten einsparen?
Ziel sei nicht Budget einzusparen, sondern ein effizienter Einsatz von Mitteln, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Auf Zahlen will sich das Ministerium nicht festlegen.

Wo steht Vorarlberg im Ländervergleich?
Seit Pandemiebeginn hat es in Österreich fast 3,29 Millionen bestätigte Fälle gegeben. Das Bundesland mit der derzeit höchsten Sieben-Tage-Inzidenz ist die Steiermark mit 4.045,6, darauf folgt bereits Vorarlberg mit 3.960,6. Das Burgenland ist Musterschüler beim Impfen: 75,5 Prozent haben ein gültiges Impfzertifikat. In Vorarlberg sind es 65,4 Prozent, darauf folgt nur noch Oberösterreich mit 64,9 Prozent.
Wie soll es an den Schulen weitergehen?
Es gebe Gespräche mit Bildungsminister Martin Polaschek, ließ Gesundheitsminister Johannes Rauch wissen. Details fehlen. Es gebe momentan ziemliche Unterschiede zwischen den Bundesländern, sagt Virologe Nowotny: „Während Wien zum Beispiel die Beibehaltung von drei Tests pro Woche will, möchte Vorarlberg eine Reduktion. „Nachdem sich das Omicron-Infektionsgeschehen vielfach bei jungen Menschen abspielt, wäre aus meiner Sicht im Schulbereich doch noch ein relativ hohes und regelmäßiges Testaufkommen sinnvoll. Es sollte nicht drastisch reduziert werden.“
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