Das sagt Fiskalratspräsident Christoph Badelt zu den hohen Energiepreisen

Politik / 17.03.2022 • 04:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Das sagt Fiskalratspräsident Christoph Badelt zu den hohen Energiepreisen
Badelt stellte sich in Bregenz den Fragen der VN. VN/Paulitsch

VN-Interview über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der Pandemie.

BREGENZ Ende letzten Jahres rechnete der Fiskalrat noch mit einer raschen Erholung der Staatsfinanzen. Seither ist einiges passiert, wie Präsident Christoph Badelt im VN-Interview erläutert. Besonders dramatisch seien die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine.

2024 hätte es den Berechnungen des Fiskalrats zufolge einen ausgeglichenen Haushalt geben sollen. Wie hat sich die Prognose verändert?

Sie wird laufend angepasst. Was wir heute im Vergleich zur Herbstprognose wissen: Es hat im November einen Lockdown gegeben. Zudem gab es eine Reihe von Maßnahmen auf Bundesebene, die ursprünglich noch nicht budgetiert waren. Nach heutigem Stand der Dinge rechnen wir damit, dass uns der Lockdown alleine heuer auf ein Defizit von 2,0 Prozent gebracht hätte. Mit dem Energiekostenausgleich wären wir bei 2,3 Prozent. Ein ausgeglichenes Budget hätte es erst ein Jahr später gegeben. Dabei wird es aber nicht bleiben.

Was wissen wir noch nicht?

Nehmen wir einmal an, dass sich die Coronapandemie so weit beruhigt, dass es keine wirtschaftlichen Einschränkungen mehr in der zweiten Jahreshälfte gibt. Dann ergeben sich aber noch immer die Folgen des Ukraine-Kriegs, und die sind besonders dramatisch. Das Wirtschaftswachstum wird sicher nicht so hoch ausfallen, wie das noch zu Jahresende prognostiziert wurde. Dadurch erhöht sich auch das Defizit. Und das sind nur die Ergebnisse eines verringerten Wachstums. Wenn die Krise anhält, wird es auch neue Staatsausgaben brauchen.

Wie sehr schmerzen uns die Sanktionen gegen Russland?

Der Außenhandel mit Russland hat sich bereits nach der Krim-Annexion 2014 stark reduziert, sodass er heute volkswirtschaftlich keine relevante Rolle mehr spielt. Was uns sicher viel stärker trifft, ist die Energiepreissteigerung. Hier fallen zwei Aspekte zusammen: Die Kriegssituation treibt schon von den Erwartungen her die Öl- und Gaspreise in die Höhe. Allerdings sind wir beim Ölpreis noch nicht dort, wo wir während der Ölschock-Krise in den 1970er-Jahren waren. Das heißt, es gibt offensichtlich auch kommerzielle Interessen der Lieferanten, aus der aktuellen Stimmung ein Geschäft zu machen. Sollte die Krise zudem weiter eskalieren, auch über die Ukraine hinaus, kann man aber nicht völlig ausschließen, dass es zu einer Gasknappheit kommt.

Was kann die Regierung denn nun konkret tun, um die hohen Energiepreise abzufedern?

Ich bin nicht dafür, pauschal die Mehrwertsteuer zu senken oder gar auszusetzen, da die hohen Energiepreise langfristig umweltpolitisch Lenkungseffekte enthalten und bei einer Steuersenkung keine soziale Differenzierung vorgenommen wird. Ich halte es für sinnvoller, die Preise nicht zu beeinflussen, aber Geld aufzustellen, damit Haushalte und Unternehmen, die sich in einer schwierigen Lage befinden, einen Ausgleich erhalten. Durch die steigenden Energiepreise hat die öffentliche Hand auch höhere Einnahmen durch die Mehrwertsteuer.

Angesichts der hohen Spritpreise gab es schon Forderungen nach einer Rücknahme der geplanten CO2-Steuer. Wäre das eine Idee?

Das halte ich für keine gute Option. Was der CO2-Preis kurzfristig zur Verteuerung der Energie beiträgt, ist nahezu vernachlässigbar. Die CO2-Steuer ist auch mit einem regionalen Ausgleich verbunden. Damit wird netto mehr entlastet als belastet wird. Außerdem geht es um den Einstieg in die Ökologisierung des Steuersystems.

Die EU-Kommission prüft eine Aussetzung der Schuldenregeln auch für 2023. Ist das sinnvoll?

Der Fiskalrat hat einen konkreten Vorschlag erarbeitet, wie eine langfristige Änderung aussehen könnte. Nun sieht es aber vor allem danach aus, dass die Kommission die sogenannte allgemeine Ausweichklausel verlängern wird. Wenn eine ernsthafte Wirtschaftskrise infolge des Krieges eintritt, würde  dies eine vernünftige Maßnahme sein. Sollte eine überraschende Wende zum Positiven eintreten, dann ist das vielleicht nicht notwendig. Ich persönlich fürchte aber, dass es nicht danach ausschaut.

Was die Pandemie angeht, haben sie in der Vergangenheit gewarnt, dass rasches Gegensteuern besser sei als spätere Lockdowns. Nun haben wir Rekordinfektionen, dafür kaum mehr Maßnahmen. Kommt uns das noch teuer zu stehen?

Das ist eigentlich keine Frage an einen Ökonomen. Trotzdem verhehle ich nicht, dass ich die gegenwärtige Situation der Pandemiepolitik überhaupt nicht verstehe. Es sei denn, man hat die gesundheitspolitische Entscheidung getroffen, dass die Menschen durch die Krankheit grundimmunisiert werden sollen.

Zur Person

Christoph Badelt, geboren am 26. Februar 1951 in Wien, ist im Mai 2021 zum Präsidenten des Fiskalrats bestellt worden. Das Gremium überwacht die Einhaltung der EU-Budgetregeln in Österreich. Davor war der 71-Jährige seit 2016 Leiter des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), und von 2002 bis 2015 Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien.

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