Kinderanwalt: “Betreuung muss ab drittem Lebensjahr beitragsfrei sein”

Politik / 22.03.2022 • 19:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Kinderanwalt: "Betreuung muss ab drittem Lebensjahr beitragsfrei sein"
Mehr Flexibilität, Qualität und Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll das neue Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz bringen. APA

Kritik an “massiver Verzögerung” des neuen Gesetzes. Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch vermisst politischen Willen.

Schwarzach Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch kann keinen intensiven politischen Willen erkennen, wenn es darum geht, das geplanten Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz auf den Weg zu bringen. Bis das Gesetz wirke, sei fast eine Legislaturperiode vergangenen. 2018 fasste der Landtag die entsprechende Entschließung zu jenem Gesetz, das mehr Flexibilität, Qualität und Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Kinderbetreuung bringen soll. Dass bis jetzt noch nicht einmal einen fertiger Entwurf vorliegt, „ist eine dramatische Verzögerung, die ausschließlich dem Umstand geschuldet ist, dass man das nicht kraftvoll vorangetrieben hat“, sagt Rauch. Am Donnerstag finden nun weitere Gespräche statt.

Schlusslicht Vorarlberg

Vorarlberg sei das letzte Bundesland, das sein Kindergartengesetz in eine modernes Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz transformiere, kritisiert der Kinder- und Jugendanwalt. Und wie bei vielen schwierigen Vorhaben gehe es auch hier um die Frage, mit wie viel Geld wie viel Qualität erreicht werde.

An der Debatte vermisst Rauch die Perspektive der Kinder. „Ich möchte davor warnen, die Debatte ausschließlich über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu führen, auch davor, dass jedes Kind ab dem ersten oder zweiten Lebensjahr in Betreuung muss. Ich möchte ebenso davor warnen, häusliche und institutionelle Betreuung im Sinne von schlechter und besser gegeneinander auszuspielen.“ Am Ende wüssten die Eltern am besten, was ihre Kinder bräuchten. Nicht alle seien für eine ganztägige Betreuung gemacht. Kinder hätten verschiedene Bedürfnisse, sagt Rauch. Aufgabe der Politik sei es, ausreichend Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten bereitzustellen.

“Kostenlose Betreuung sichern”

Der Kinder- und Jugendanwalt fordert, dass die Kinderbetreuung ab dem dritten Lebensjahr beitragsfrei gestellt wird. Die soziale Staffelung der Elterntarife habe keine Wirkung gezeigt. „Es ist vielmehr ein Bürokratieaufwand entstanden, den man aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft abschaffen kann.“ Wie die VN berichteten haben gerade einmal 3,25 Prozent der elementarpädagogisch betreuten Kinder die soziale Staffelung genutzt, über 90 Prozent von ihnen lagen in der geringsten Staffelungsstufe 1.

<p class="caption">Rauch fordert, die Kinderbetreuung ab dem dritten Lebensjahr beitragsfrei zu stellen. </p>

Rauch fordert, die Kinderbetreuung ab dem dritten Lebensjahr beitragsfrei zu stellen.

Rauch tritt neben einer beitragsfreien Betreuung außerdem für einen Rechtsanspruch ein. Kinder, die einen Platz in einer Betreuungseinrichtung brauchen, müssten diesen bekommen. Eine verpflichtende Bereitstellung ab dem zweiten Lebensjahr wäre gut, sagt er. Ein weiteres großes Thema sei der Einsatz von qualifiziertem Personal. Schon jetzt werde es knapp, teilweise helfe Unterstützungspersonal zu Randzeiten alleine aus. „Wir müssen uns ansehen, weshalb es zu wenig Personal gibt“, verweist Rauch auf Rahmenbedingungen wie Gruppengröße und Bezahlung.

Erneutes Treffen am Donnerstag

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft werde ihre Forderungen bei den erneuten Gesprächen am Donnerstag einbringen. Ziel der zuständigen Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) ist es, im Zuge dieses Termins den Gesetzesentwurf zu finalisieren. Ursprünglich hätte das Gesetz schon heuer in Kraft treten sollen, Gespräche wurden allerdings verschoben. „Es gab Sitzungen im Mai und im Juli 2020. Eine dritte Runde war für Juni 2021 terminisiert. Diese wurde aber kurzfristig abgesagt.“ Neun Monate später findet der Termin nun statt. Kraftvoller politischer Wille sehe anders aus.

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