Klimakrise und Krisenkosten belasten arme Familien zunehmend

Volkshilfe und Armutskonferenz fordern langfristige Pläne gegen Energiearmut statt Einmalzahlungen.
„Wir hören zunehmend von den Sorgen, die steigenden Energiepreise nicht mehr bezahlen zu können”, sagt Dominique Meyer von der Volkshilfe Vorarlberg. Sie berät von Armut betroffene und gefährdete Familien. Meyer berichtet etwa von einer Mutter, die jeden Tag den Stromzähler kontrolliert, von ungeheizten Kinderzimmern. Oder von einem Vater, der arbeitssuchend war und nun einen Teilzeitjob in einer Bäckerei gefunden hat: „Er verdient eigentlich weniger als er Arbeitslosengeld bekommen würde. Im Winter hatte er Probleme, die Heizkosten zu zahlen.”
Gezielte Förderung
Der Heizkostenzuschuss sei schlicht zu wenig, sagt die Volkshilfe-Mitarbeiterin: „Die Familien müssen sich darauf verlassen und planen können. Eine gezielte finanzielle Förderung für die Familien wär besser als eine Einmalzahlung im Gießkannenprinzip.”
Hinzu kommt die Klimaungerechtigkeit. Denn von Armut betroffene Familien wohnen meist in gemieteten Immobilien. Damit entfällt die Eigeninitiative um energieeffizient zu sanieren. „Gerade armutsbetroffene Familien bekommen die Klimakrise daher mehr zu spüren. Immer extremere Jahreszeiten wirken sich in schlecht isolierten Häusern und Wohnungen stärker aus.” In der Folge müssen zudem mehr Energiekosten aufgebracht werden, um das auszugleichen.
„In der Folge wird nun noch die Inflation bei den Lebensmittelpreisen hinzukommen. Damit sind genau jene Bereiche betroffen, die für eine geringe Haushaltskasse die größte Rolle spielen”, sagt Michael Diettrich von der Armutskonferenz Vorarlberg. Auch Diettrich fordert mit Blick auf die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen eine strukturellere Unterstützung von Armutsgefährdeten und -betroffenen: „Wir wollten ja, dass die Energiekosten steigen. Dazu wurde extra dieses Jahr ein CO2-Preis eingeführt. Jetzt steigt er marktbedingt. Das muss man auch für die Zukunft abfedern. Dazu braucht es etwas Grundlegendes.”
Kindergrundsicherung
Eine Forderung der Volkshilfe ist die staatliche Verankerung der Kindergrundsicherung. Sie könnte ein Werkzeug gegen die inflationsbedingte Armutsspirale darstellen. Ein Viertel aller Armutsgefährdeten in Österreich war 2018 unter 18 Jahre alt. Tendenz laut aktuellen EU-Zahlen steigend. Als armutsgefährdet gilt, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss.
Mit wissenschaftlicher Begleitung und durch die Erfahrung der Schuldnerberatung hat die Volkshilfe folgende Beträge ermittelt: Um die Kinderarmut zu durchbrechen, sollten alle Kinder 200 Euro pro Monat erhalten. Zusätzlich wären für Haushalte unter 20.000 Euro Jahreseinkommen 425 Euro notwendig. VN-JUS
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