Milliardenpaket mit fehlender Treffsicherheit

Politik / 22.03.2022 • 04:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Milliardenpaket mit fehlender Treffsicherheit
Ob das Anti-Teuerungspaket im Bereich Energiekosten tatsächlich dort ankommt, wo es ankommen sollte, bezweifeln Experten. APA/Barbara Gindl

Die Reaktionen auf das “Energie-Paket” der Regierung fallen kritisch aus. Es sei zu wenig sozial und ökologisch effizient.

Wien Die Regierung veranschlagt zwei Milliarden Euro, um die Bevölkerung aufgrund der steigenden Energiepreise zu entlasten. Richtig zufrieden zeigte sich damit aber niemand: Opposition, Sozialpartnern und Umweltschutzorganisationen kritisieren, dass das Paket zu wenig sozial oder ökologisch treffsicher sei. 

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian zeigte sich verstimmt. Eigentlich sind für Mittwoch Gespräche zwischen Regierung und Sozialpartner zum Thema geplant. Doch bereits Sonntag preschten ÖVP und Grüne vor. Katzian betonte, dass es seit der Herbstlohnrunde eine Inflationsrate von 5,9 Prozent gebe und forderte im Ö1-Morgenjournal eine Kommission zur Regulierung der Preise, „ähnlich wie bei der Einführung des Euro.“

Fehlende Treffsicherheit

Ob die Förderung gezielt bei armutsbetroffenen Menschen ankommt, sei vollkommen offen, kritisierte Caritas-Präsident Michael Landau. Die Familienleistungen seien derzeit jedenfalls nicht ausreichend, um die tatsächlichen Kosten, die für Kinder anfallen, ausgleichen zu können. 

Auch der Klimaschutzaspekt hat spätestens seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine eine soziale Komponente bekommen. Österreich importiert 80 Prozent des Erdgases aus Russland. Immerhin rund 900.000 Haushalte heizen mit Gas. Statt kosmetischer Korrekturen bräuchte es jetzt einen großen Wurf mit einem gesetzlich verbindlichen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen. „Dass das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz nicht einmal als Teil des Energiepakets angekündigt wurde, ist schon eine schwache Reaktion auf die dramatische Situation“, kritisiert Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000 im VN-Gespräch. 

Die Energiesouveränität und Klimaneutralität könne nur mit dem kompletten Ausstieg aus fossilen Energieträgern gelingen. Konkrete Ideen gebe es schon, sagt Wahlmüller. Das Gesetz zum Ausstieg aus Ölheizungen bis 2035 könnte ausgeweitet werden. 2040 sei ein realistischer Zeitpunkt, bis zu dem alle Eigentümer Gasheizungen auf erneuerbare Wärmeformen austauschen und die Gebäude energieeffizient sanieren müssen. 

Markt regelt es nicht

Wahlmüller erinnert zudem an die soziale Komponente – auch in Österreich: „Wenn Vermieter kein Interesse daran haben, die Gasheizungen zu tauschen, werden weiterhin die Mieter die Mehrkosten der steigenden Preise zahlen. Daher braucht es unbedingt eine gesetzliche Regelung, damit das nicht dem Markt überlassen wird. Das funktioniert so nicht.“

Wichtig wäre zudem, die Energieversorger in die Pflicht zu nehmen. 37 Prozent der Fernwärme kommt von Gas, berichtet Wahlmüller: „So etwas könnte auch in einem Gesetz stehen – dass es hier verbindliche Pläne von Landeshauptstädten und ihren Energieversorgern geben muss. Das würde viel bewegen.“ VN-JUS

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