Steuer-Streit: Finanzprüfung beim ÖVP-Wirtschaftsbund in Vorarlberg

Politik / 28.03.2022 • 17:09 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Steuer-Streit: Finanzprüfung beim ÖVP-Wirtschaftsbund in Vorarlberg
Landeshauptmann Markus Wallner zu Gast bei VOL.AT-Chefredakteur Marc Springer in “Vorarlberg Live”: “Dass uns der Wirtschaftsbund im Wahlkampf unterstützt, wird kein Geheimnis sein.”

Inseraten-Causa Kessler führt zu Prüfung: Selbstanzeige?
Grüne: “Wird uns noch lange beschäftigen.”

Feldkirch Eine Betriebsprüfung des Vorarlberger ÖVP-Wirtschaftsbundes durch das Finanzamt sorgt derzeit für einen Disput hinter den Kulissen. Wie Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler bestätigt, laufe eine Betriebsprüfung, durchaus mit Auffassungsunterschieden: “Die Prüfung läuft und wir warten das Ergebnis samt Feststellungen ab. Wir warten das Ergebnis ab.” Den VN sagt Kessler, “der Finanz seien bereits bisher die Daten vor allem auch zum Wirtschaftsbund-Mitgliedermagazin immer offen gelegen”. Diese würden nunmehr im Betriebsprüfungsverfahren steuerrechtlich erörtert und beurteilt. Im Finanzministerium wollte man auf Anfrage das Verfahren aus rechtlichen Gründen mit Verweis auf die Bundesabgabenordnung weder bestätigen noch dementieren. Auch die Frage nicht, ob der Vorarlberger Wirtschaftsbund eine Selbstanzeige eingebracht hat.

Hintergrund der Finanzprüfung ist die Inseraten-Causa rund um Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler. Im Kern: der Funktionär war als Privatperson maßgeblich an jener Firma beteiligt, die Inserate in der Wirtschaftskammer-Zeitung vermarktet. Und organisierte als Direktor für den ÖVP-Wirtschaftsbund dessen Zeitung “Vorarlberger Wirtschaft”, auch als Chefredakteur. Im Fokus der Finanzbehörden steht nun die Frage nach der Steuerpflicht des Wirtschaftsbundes.

Parteienfinanzierung

Bei “Vorarlberg Live” sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) im November 2021: “Natürlich arbeiten wir mit dem Wirtschaftsbund eng zusammen, er hat eine eigene Zeitung, in der Unternehmen inserieren. Dass uns der Wirtschaftsbund im Wahlkampf unterstützt, wird kein Geheimnis sein.” Dies ist seither nicht nur Reibepunkt für andere Parteien, sondern auch das Finanzamt interessiert sich dafür, wie der Wirtschaftsbund zur ÖVP steht – das könnte Auswirkungen auf die steuerliche Beurteilung haben. Konkret geht es um die Abführung der Mehrwertsteuer, die bisher nicht erfolgt ist. Hinweise aus Kreisen der Finanzbehörden, wonach der Wirtschaftsbund eine Selbstanzeige eingebracht habe, wollte Kessler gegenüber den VN nicht kommentieren. Auch “Der Standard” berichtete am Montag von einer Selbstanzeige. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Landeshauptmann Markus Wallner war am Montag bisher für die VN nicht zu erreichen, ebenso wie der Wirtschaftsbund- und Wirtschaftskammerpräsident Hans Peter Metzler. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf, den die VN am Rande einer ÖVP-Klausur erreichten, ist ebenfalls im Vorstand des Vorarlberger Wirtschaftsbundes. Er bestätigte am Montagmittag ebenfalls die Betriebsprüfung – und dass sich der Vorarlberger Wirtschaftsbund auf eine Nachzahlung eingestellt habe. “Eine Betriebsprüfung und eine Nachzahlung ist ja noch kein Verbrechen”, befand Kopf.  

Nach den Berichten über die Doppelfunktion von Wirtschaftsbunddirektor Jürgen Kessler in mehreren Medien schied Kessler als Gesellschafter der Werbevermarktungsfirma “Media Team” aus, die Anteile wurden vom dortigen Geschäftsführer und von Russmedia übernommen. Kessler legte auch seine Funktion in der Österreichischen Gesundheitskasse zurück, blieb aber Direktor im ÖVP-Wirtschaftsbund.

Grüne fordern Transparenz

ÖVP-Regierungspartner Daniel Zadra von den Grünen fordert eine Offenlegung der vom Wirtschaftsbund an die ÖVP transferierte Summe: „Ich gehe davon aus, dass im Interesse aller Beteiligten ist, dass die Dinge auf den Tisch kommen. Es wäre ein Befreiungsschlag, das transparent zu machen.“ Daniel Zadra verhandelte mit der ÖVP eine Transparenzinitiative, die auch Zuflüsse aus Vorfeldorganisationen nachverfolgbar machen: „Aber nur für die Zukunft, nicht die Vergangenheit – und es ist bislang ein Entschließungsantrag, der erst gesetzlich beschlossen werden muss“, so Zadra. Es sei noch zu früh, um eine klare Meinung zu haben. “Die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind ernst und schwerwiegend. Das wird uns noch lange beschäftigen.” 

Sofortige Aufklärung gefordert

Die SPÖ sprach von einer “verheerenden Optik”. Die Vorarlberger SPÖ-Landtagsabgeordnete Manuela Auer forderte die Volkspartei zur Aufklärung auf. ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner müsse alles offenlegen.

 Sabine Scheffknecht, die Landessprecherin der Vorarlberger Neos, zeigte sich nicht überrascht, dass “bei der Vorarlberger Volkspartei und ihrer Vorfeldorganisationen viel im Argen liegt”. Sie forderte Konsequenzen auf “oberster Ebene”, falls sich die Vorwürfe bestätigen. 

FPÖ-Landesobmann Christof Bitschi sprach von einem “Riesen-Skandal” in Bezug auf die kolportieren illegalen Geldflüsse vom schwarzen Wirtschaftsbund an die ÖVP. Bitschi forderte angesichts der massiven Vorwürfe eine sofortige Stellungnahme von ÖVP-Landeshauptmann Wallner.

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