Teure Versäumnisse bei Plastik

Politik / 18.04.2022 • 21:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Teure Versäumnisse bei Plastik
Einweg-Plastikflaschen landen derzeit in der Tonne. Ein Pfandsystem könnte das in Zukunft ändern.  APA

Nur ein Drittel des Mülls in Österreich werden recycelt und 130.000 Tonnen exportiert.

Wien Pro Jahr fallen in Österreich 300.000 Tonnen Verpackungsmüll aus Plastik an. Davon werden 200.000 Tonnen nicht recycelt. Offiziell wurde 2019 zwar 30,8 Prozent des Mülls wiederverwertet. Laut der Altstoff Recycling Austria (ARA) ist die Quote aber in der Praxis noch niedriger. Dass viel mehr möglich wäre, zeigt ein Blick in die Niederlanden oder nach Schweden, wo 57 bzw. 53 Prozent recycelt werden. EU-weit sind es 41 Prozent und Österreich liegt im Ranking am viertletzten Platz.

220 Millionen Euro Plastiksteuer

Die EU ringt seit einigen Jahren mit ihrem Umgang mit Plastikabfall. Denn beinahe Jahrzehnte lang haben sich die Länder dabei auf China verlassen, das billige Recycling zu übernehmen. 2018 war Schluss damit. Die Volksrepublik importierte kaum noch Altkunststoff. Der Grund lag unter anderem in der starken Verunreinigung.  

Der wachsende Berg an Plastikmüll kommt den österreichischen Steuerzahlern nun teuer. Seit 1. Jänner 2021 gilt eine EU-Plastiksteuer. Auf jedes Kilogramm nicht recycelten Plastikverpackungsmüll hebt die EU seit dem letzten Jahr 80 Cent ein. Seit vergangenem Jahr sind es bereits 220 Millionen Euro, rechnete Greenpeace nun vor.

Dass dieser Betrag von den Österreichern bezahlt werden muss, ist keinesfalls selbstverständlich. In Deutschland hat die neue Koalition zum Beispiel entschieden, die Plastiksteuer von Herstellern und Händlern zahlen zu lassen. „Die Plastiksteuer trifft in Österreich genau die Falschen. Anstatt die für die Plastikflut verantwortlichen Konzerne zur Kassa zu bitten, werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gestraft“, sagt Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace in Österreich. 

Weiters sei es angesichts der Plastikflut wichtig, dass Hersteller und Händler so bald wie möglich auf Mehrwegverpackungen umsteigen. Ein Vorbild dafür kann die Stadt Tübingen sein. Dort werden seit Anfang 2022 je 50 Cent auf Einwegverpackungen von Gastronomiebetrieben, Bäckereien oder Tankstellen eingehoben. Gleichzeitig unterstützt die Stadt Gastronomen mit bis zu 500 Euro bei der Anschaffung von Mehrweggeschirr. Ein erster Schritt zur Reduzierung des Verpackungsmülls könnte der Pfand sein, den das neue Abfallwirtschaftsgesetz ab 2025 beim Kauf von Plastikflaschen und Dosen vorsieht. 

Plastikmüll reist um die Welt

Der Plastikabfall erhöht noch einmal seine schlechte Umweltbilanz durch Exporte. Die 27 Länder der Europäischen Union exportierten im Jahr 2020 rund 2,37 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in Nicht-EU-Länder. Aus Österreich wurden 2020 insgesamt rund 130.091 Tonnen Kunststoffabfälle grenzüberschreitend zur Verwertung ins Ausland verbracht, informiert Umweltministerin Leonore Gewessler in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung im April. Die Republik Österreich profitiere aber nicht von den Plastikmüll-Exporten, betont sie. Die Liste der Importländer ist lang, wie aus der Anfragebeantwortung hervorgeht. So reist Österreichs Plastikmüll in etwa 29 Länder, darunter Sierra Leone, Singapur und die Türkei.

Einen Fortschritt gibt es bereits: Die Ausfuhr von Kunststoffabfällen aus der EU ist seit Anfang 2021 nur mehr zulässig, wenn diese zum umweltgerechten Recycling bestimmt und nahezu frei von Verunreinigungen und anderen Arten von Abfällen sind. „Dies führt zu einem massiven Rückgang der Exporte von Kunststoffabfällen in Drittstaaten“, informiert Gewessler.

Die Türkei gilt als neuer Hotspot für Plastikimporte, seit China strengere Regeln eingeführt hat. In dem Land wird Plastikabfall jedoch teilweise verbrannt statt recycelt, wie Umweltschutzorganisationen aufdeckten. Bei Schwerpunktkontrollen deckte das Umweltministerium vor einigen Monaten mehrere Fälle von Umweltkriminalität durch illegale Plastikmüllexporte aus Österreich auf. Ein Unternehmen aus Österreich soll etwa insgesamt 950 Tonnen verunreinigte Kunststoffabfälle ausgeführt haben.

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