Über die Pressefreiheit in Österreich: „Es ist einfach zu viel passiert“

Österreich stürzt in Pressefreiheits-Index der „Reporter ohne Grenzen“ auf Rang 31 ab.
Wien, Paris Auf Platz eins des Pressefreiheits-Index der „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) liegt unverändert Norwegen, Liechtenstein auf Platz zehn, die Schweiz und Deutschland an 14. bzw. 16. Stelle. Gleich dahinter auf Rang 17 lag im letzten Jahr noch Österreich. Jetzt tut es das nicht mehr, wie der international tätige Zusammenschluss von Journalistinnen und Journalisten bekannt gab: Österreich stürzt im Ranking an die 31. Stelle ab – hinter Argentinien (29.) und die Dominikanische Republik (30.).
Der Wiener Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell, der auch die österreichische Sektion der RSF leitet, macht besonders die Bundesregierung für den Absturz im Ranking verantwortlich: „Es ist einfach zu viel passiert. Dem Journalismus und den freien Medien ist ein ganzes Bündel an mehr oder weniger kräftigen Nadelstichen verpasst worden, hauptsächlich von Regierungsseite.“ Das habe in Summe zu dieser starken Herabstufung geführt. Im neu organisierten Ranking, das mehr Faktoren berücksichtigt, werden nun erstmals auch die einzelnen Kategorien angeführt: Österreich wird vor allem in der ökonomischen Situation der Medienlandschaft ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.
Förderungen und Inserate
Hausjell kritisiert im Gespräch mit den Vorarlberger Nachrichten weiters eine „Entwicklung im Bereich der Regierungsinserate, die kein Zustand ist im Vergleich zu davor“. Diese würden „nach Willkür, Gefallen und Missfallen“ vergeben: „Es gibt keine schlüssigen Begründungen, weshalb manche Medien mehr pro Kopf bekommen haben als andere.“ Das würde den Verdacht nahelegen, das Instrument für die inhaltliche Steuerung von Medien missbraucht zu haben. Außerdem sei der Themenkomplex der Presseförderung nicht angegangen worden – diese Gelder würden nach wie vor nach einem veralteten System vergeben.
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Weiters hätten politische Interventionen bei Medien zur Herabstufung geführt. Hausjell sprach zum Beispiel die vor einigen Monaten bekannt gewordenen Sideletter von Bundesregierungen an, in denen die Besetzung von Führungsposten im ORF nach Parteifarben vereinbart wurde. Zudem seien manche „Drohgebärden und Interventionsgespräche von Pressesprechern“ bedenklich, so Hausjell.
Verunmöglichter Journalismus
Aus einer gänzlich anderen Situation berichtet Miriam Beller im Gespräch mit den VN. Die 33-jährige Bludescherin arbeitet als Korrespondentin für den ORF aus Moskau und betont die massive Verschlechterung der Situation in den vergangenen Wochen: „Journalismus hier war vorher schon schwierig, jetzt ist er noch schwieriger. Es gibt keinen unabhängigen Journalismus mehr innerhalb Russlands.“ Das Land liegt im Ranking mittlerweile auf Rang 155. Angesichts des Krieges in der Ukraine hätten sich die Entwicklungen gegen den Journalismus beschleunigt: „Der ist jetzt einfach zerschlagen worden. Es ist eskaliert.“ Speziell für einheimische Medien seien die Gegebenheiten untragbar geworden. Aber auch einige internationale Korrespondenten hätten das Land verlassen. Nachbarland Belarus liegt im Ranking auf Platz 153.