Darum gibt es Unmut über das neue Kinderbetreuungsgesetz

Begutachtung zu Ende: Kritikern geht der Entwurf nicht weit genug.
Bregenz Lange hat es gedauert, bis das Kinderbildungs- und –betreuungsgesetz vorliegt. Am Freitag endete die Begutachtung, nach „dramatischer Verzögerung“, wie Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch kritisiert. Denn bereits 2018 fasste der Landtag eine Entschließung zu jenem Gesetz, das mehr Flexibilität, Qualität und Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Kinderbetreuung bringen soll. Das nunmehrige Ergebnis stellt aber nicht alle zufrieden.
Mehr Einbindung gewünscht
Kinder- und Jugendanwalt Rauch hätte sich im Entstehungsprozess etwa mehr Einbindung gewünscht. Gewisse Themen gehörten intensiver diskutiert. „Jetzt, wo das Gesetz vorliegt, muss man auf drei Dinge deutlich hinweisen.“ Der Rechtsanspruch sei nur in Ansätzen vorhanden und in der Umsetzung nur in Etappen geplant. So sieht das Gesetz vor, dass die Gemeinden einen sogenannten Versorgungsauftrag erfüllen müssen, um allen Kindern eine Betreuung zu ermöglichen. Jährlich erstellen sie einen Angebotsplan.
Das soll in einem Stufenmodell umgesetzt werden. Zuerst sind die Drei- bis Fünfjährigen dran, für die es ab 2023/24 ganzjährig und ganztägig einen Betreuungsplatz geben soll – mit vier Wochen Schließzeit. Ab 2024/2025 müssen auch Volksschulkinder an Schultagen zwischen acht und 16 Uhr eine Betreuungsmöglichkeit haben, ab 2025/26 alle Zweijährigen für fünf Stunden täglich. Dabei soll Flexibilität möglich sein, jede Gruppe kann beim Alter erweitert oder in Kooperation mit anderen Gemeinden und Privaten geführt werden. Rauch geht das nicht weit genug. Es müsse sichergestellt sein, dass jedes Kind vom zweiten bis zum zehnten Lebensjahr bei Bedarf im notwendigen Ausmaß Kinderbetreuung in Anspruch nehmen kann, ganz unabhängig davon, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht, sagt der Kinder- und Jugendanwalt. Außerdem fordert er eine kostenlose Betreuung zumindest für Kinder ab dem vierten Lebensjahr. Immerhin sei der Kindergarten eine Bildungseinrichtung. „Dann wäre auch die ganze Bürokratie mit der derzeitigen Staffelung weg.“
Gleichzeitig brauche es im Bereich des Kinderschutzes Nachschärfungen. „Wir haben es auch nicht geschafft, alle Betreuungsformen in das eine Gesetz zu gießen“, kritisiert Rauch. „Der Bereich der Tageseltern bleibt nach wie vor im Kinder- und Jugendhilfe gesetzt.“ Und über alle dem stehe das Thema Budget und Personal. „Wir müssen die Anstrengungen noch einmal intensivieren, dass wir genügen qualifiziertes Personal bekommen und dass wir Rückschritte, die wir vor zwei, drei Jahren gemacht haben wieder ändern.“ Es kam in manchen Gruppen so weit, dass etwa Assistentinnen einspringen mussten, weil es keine ausgebildete Pädagogin für die Gruppenleitung gab.
Auch die Neos beurteilen die Pläne kritisch. „Für Vorarlbergs Familien bringt dieser Entwurf nicht die längst überfälligen Verbesserungen“, hält der Landtagsabgeordnete Johannes Gasser fest. Nicht nur zusätzliche, sondern auch weitergehende Maßnahmen seien notwendig. „Familien bleiben weiterhin in der Wahl der für sie passenden Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsmöglichkeit von Entscheidungen ihrer Gemeinde abhängig, weil sich das Land scheut, eine Steuerungsverantwortung wahrzunehmen und den Familien die längst überfällige Wahlfreiheit zu geben.“ VN-EBI, RAM
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