Berlin gedenkt Befreiung im Schatten des Ukrainekrieges

Politik / 08.05.2022 • 13:22 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Fahnen Russlands und der Ukraine sind bei den Gedenkveranstaltungen, wie hier im Tiergarten, untersagt. <span class="copyright">John MACDOUGALL / AFP</span>
Die Fahnen Russlands und der Ukraine sind bei den Gedenkveranstaltungen, wie hier im Tiergarten, untersagt. John MACDOUGALL / AFP

Unter starker Polizeipräsenz aber zunächst ohne Zwischenfälle gedenken seit Sonntag früh in Berlin viele Menschen an verschiedenen Orten an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa vor 77 Jahren.

Berlin Am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park legten im Laufe des Vormittags mehrere hundert Menschen Blumen ab und gedachten an den Denkmälern der Gefallenen. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach mit Blick auf den Krieg in der Ukraine von einem “Epochenbruch”.

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat am Sonntag am Sowjetischen Ehrenmal im Berliner Tiergarten einen Kranz zum Gedenken an die ukrainischen Gefallenen des Zweiten Weltkriegs niedergelegt. Mehrere hundert Menschen waren ebenfalls zum Mahnmal gekommen. Einige von ihnen skandierten bei der Kranzniederlegung des Botschafters “Melnyk raus”. Andere Teilnehmende begannen daraufhin mit ukrainischen Sprechchören. Viele trugen blaue und gelbe Kleidungsstücke – die Nationalfarben der Ukraine.

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John MACDOUGALL / AFP

Auflagen verbieten Nationalflaggen mit Ausnahmen

Ein Mann verteilte laut einem dpa-Reporter ukrainische Papier-Flaggen, die die Polizei aber rasch wieder einsammelte. Der Mann wurde demnach von den Beamten von der Veranstaltung weggeführt. Ein Polizeisprecher machte auf Anfrage dazu nächst keine Angaben.

Auch Teilnehmer mit Fahnen der Kommunistischen Partei Griechenlands und der DDR tauchten auf. <span class="copyright">REUTERS/Fabrizio Bensch</span>
Auch Teilnehmer mit Fahnen der Kommunistischen Partei Griechenlands und der DDR tauchten auf. REUTERS/Fabrizio Bensch

Die Polizei hatte anlässlich des Gedenkens an das Weltkriegsende in Europa vor 77 Jahren am Sonntag und am Montag in Berlin für 15 Gedenkorte Auflagen erlassen, unter anderem ein Verbot von russischen und ukrainischen Fahnen. Ausgenommen von dem Verbot waren unter anderem Diplomatinnen und Diplomaten sowie Veteranen des Weltkriegs.

Steinmeier: Epochenbruch

Der Tag des 8. Mai sei nicht nur ein Tag des Erinnerns und der Mahnung, sondern “lange” auch ein “Tag der Hoffnung” gewesen, sagte Steinmeier laut Redetext am Sonntag zur Eröffnung des Bundeskongresses des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Berlin. “Aber heute, an diesem 8. Mai, ist der Traum des gemeinsamen europäischen Hauses gescheitert; ein Albtraum ist an seine Stelle getreten”, sagte Steinmeier. “Dieser 8. Mai ist ein Tag des Krieges.” Der deutsche Bundespräsident fuhr fort: “Wir alle sind erschüttert und aufgewühlt von dem brutalen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den eine atomare Großmacht nun seit mehr als zwei Monaten gegen ein souveränes, demokratisches Land in Europa führt.”

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REUTERS/Fabrizio Bensch

Der Krieg in der Ukraine sei “ein Bruch mit vielem, was uns als selbstverständlich galt”, sagte Steinmeier. “Er ist ein Epochenbruch.” Der Krieg bedrohe die Ukraine in ihrer Existenz und Russlands Präsident Wladimir Putin “zerstört damit endgültig die Grundlage der europäischen Friedensordnung, wie wir sie nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg gebaut haben”.

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Steinmeier erinnerte in seiner Rede auch an das Schicksal einzelner Menschen in der Ukraine, darunter auch von Überlebenden des Holocaust, die er in Berlin traf. Er erkannte zudem die Folgen für viele Menschen in Deutschland an, die der Krieg und die Sanktionen gegen Russland haben. Er nehme “wahr, dass viele Menschen auch Ängste haben”, sagte der Präsident und verwies auf die Inflation, eine drohende Rezession und den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes. APA, DPA