Keine Mobilmachung am „Tag des Sieges“

Politik / 09.05.2022 • 22:46 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Der russische Botschafter in Polen wurde mit Farbe attackiert.

Der russische Botschafter in Polen wurde mit Farbe attackiert.

Experte Gruber rechnet allerdings mit einer zunehmenden Härte.

Moskau, Kiew Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Angriffskrieg gegen die Ukraine bei einer Militärparade in Moskau mit einer Bedrohung durch die NATO begründet. Das westliche Militärbündnis habe über die Jahre eine für Russland „absolut nicht hinnehmbare Bedrohung“ geschaffen, sagte er am Montag in seiner mit Spannung erwarteten Ansprache auf dem Roten Platz zum 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. „Der Block der NATO hat eine aktive militärische Erschließung der an unser Gebiet angrenzenden Territorien begonnen“, so Putin. Russland habe präventiv eine Aggression des Westens abgewehrt. „Das war die einzig richtige Entscheidung.“

Am 24. Februar hatte der Kremlchef einen Einmarsch in der Ukraine befohlen – unter anderem mit der Begründung, dass die in die NATO strebende Ex-Sowjetrepublik „entmilitarisiert“ werden müsse. Alles habe darauf hingewiesen, dass eine Konfrontation mit den „Neonazis“ in Kiew, auf die die USA gesetzt hätten, unausweichlich gewesen sei, meinte er. Putin behauptete, ein Angriff von ukrainischer Seite auf die prorussischen Separatistengebiete in den Regionen Luhansk und Donezk habe unmittelbar bevorgestanden – auch auf die Schwarzmeer-Halbinsel Krim, die Russland 2014 annektiert hatte.

„Keinen Angriff geplant“

Die vom Westen mit Waffen unterstützte Ukraine hatte allerdings stets zurückgewiesen, sich die abtrünnigen Gebiete Luhansk und Donezk mit Gewalt zurückholen zu wollen. Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, wies auch die aktuellen Vorwürfe Russlands zurück. „Die NATO-Staaten wollten Russland nicht angreifen. Die Ukraine hat keinen Angriff auf die Krim geplant“, erklärte Podoljak. Russland kritisiert seit Jahren die militärische Hilfe der USA und anderer NATO-Staaten in der Ukraine. Neben Lieferungen von Waffen und Munition stört sich Moskau daran, dass dort westliche militärische Ausbilder aktiv sind und zunehmend Manöver abgehalten werden unter Beteiligung von NATO-Staaten.

Moskau sieht sich im Krieg mit dem Westen, der mittels Sanktionen und Waffenlieferungen versuche, Russland in die Knie zu zwingen. Anders als von einigen westlichen Beobachtern befürchtet, ordnete Putin allerdings keine Teil- oder Generalmobilmachung an, um der von ihm so bezeichneten „militärischen Spezial-Operation“ neuen Schwung zu verleihen. Worauf man sich jetzt vorbereiten muss? „Es gibt nur eines, das im Krieg gewiss ist, und das ist die Ungewissheit“, sagte Militärkommandant Oberst Bernhard Gruber am Montag in der Sendung Vorarlberg LIVE. Es sei aber davon auszugehen, dass die Kriegshandlungen zunehmend härter werden, da die Russen über immer weniger Präzisionsmunition verfügten.

Der Marsch des „Unsterblichen Regiments“ auf dem Roten Platz. AFP
Der Marsch des „Unsterblichen Regiments“ auf dem Roten Platz. AFP