Politisches Tetris um ÖVP-Ministerien

Politik / 10.05.2022 • 05:50 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Politisches Tetris um ÖVP-Ministerien
APA, Vorarlberg Live

Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle analysierte bei Vorarlberg Live die Rücktritte.

Von Julia Schilly und Birgit Entner-Gerhold

Wien Die ÖVP erlebte am Montag mit den Rücktritten von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck ein politisches Erdbeben. Die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle nennt diese Entwicklungen bei “Vorarlberg Live” eine Chance für Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), vor dem Bundesparteitag nun mit frischen Gesichtern die Vertrauenswerte der ÖVP wieder zu heben und eigene inhaltliche Pflöcke einzuschlagen. Denn die beiden “schwächsten Mitglieder” würden sich nun zurückziehen.

Nur ein Drittel der Österreicher würde die türkis-grüne Regierung laut aktuellen Umfragen wiederwählen. Stainer-Hämmerle nennt die Herausforderungen bei der Personalsuche: “Nehammer muss signalisieren, dass er kompetente Personen hat, die Vertrauen genießen und nicht zu sehr mit der Ära Kurz in Verbindung gebracht werden.” Die Personaldecke sei jedoch nicht mehr sonderlich dick. Ein externer Experte sei eine Option. 

Kathrin Stainer-Hämmerle im Interview mit Birgit Entner-Gerhold bei Vorarlberg Live.
Kathrin Stainer-Hämmerle im Interview mit Birgit Entner-Gerhold bei Vorarlberg Live.

Sie gibt zu bedenken, dass nun auch Gefahren für die ÖVP bestehen: “Die Chance, eine Regierung ohne die ÖVP zu bilden, ist für die SPÖ so hoch wie nie.” Auch die FPÖ habe relativ gute Umfragen – vor allem in Anbetracht der Skandale der vergangenen Jahre. Denn Wähler wechseln stimmungs- und themengetrieben und personenabhängig, sagt sie: “Eine Stammwählerschaft gibt es kaum noch.”

Tanner winkt ab

Nehammer könnte nun Kompetenzen verschieben, etwa den Tourismus in das Wirtschaftsressort. “Das ist fast schon eine Art Tetris-Spiel, die Lücke mit dem richtigen Stein zu füllen”, sagt Stainer-Hämmerle. So wäre Klaudia Tanner als Bauernbundmitglied ein gutes Angebot. Die Verteidigungsministerin (ÖVP) hat jedoch schon abgewunken. Auch das Geschlecht werde bei der Personalauswahl eine Rolle spielen: “Es ist schwierig, zwei Frauen gegen zwei Männer auszutauschen.” Abzuwarten bleibt, welche Begehrlichkeiten die Bünde und Länder äußern werden. Die Tiroler werden nach dem Abgang von Schramböck sicherlich wieder ein Regierungsmitglied nominieren wollen. Doch auch das mächtige Niederösterreich könnte einen Anspruch stellen.

Die Zusammenarbeit mit den Grünen werde hingegen eher nicht leiden. “Trotz aller schöner Worte wird die Trauer nicht so groß sein. Nie ist ein Politiker so beliebt wie in dem Moment, wenn er sich zurückzieht”, konstatiert die Politikwissenschafterin. Köstinger habe stark Klientel- und Parteienpolitik in den Vordergrund gestellt und auch den Koalitionspartner selten geschont. “Insgesamt werden die Grünen Köstinger nicht sonderlich vermissen”, sagt sie. 

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