EU-Außenminister beraten über Kandidatenstatus für Ukraine

Politik / 20.06.2022 • 12:42 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Ein ukrainischer Protest für die Aufnahme in die EU vom Samstag. <span class="copyright">REUTERS/Darrin Zammit Lupi </span>
Ein ukrainischer Protest für die Aufnahme in die EU vom Samstag. REUTERS/Darrin Zammit Lupi

Die EU-Außenministerinnen und -minister beraten am Montag in Luxemburg über die Annäherung der Ukraine und der Republik Moldau an die EU.

Brüssel, Luxemburg Die Entscheidung über den EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine dürfte auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag fallen. “Was wir erwarten für den kommenden EU-Gipfel, ist ein klares Signal Richtung Osten, aber auch Richtung Südosten”, sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vor dem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen.

Die EU-Kommission hatte empfohlen, der Ukraine und Moldau (Moldawien) den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen. “Die EU ist bereit, Nachbarn aufzunehmen, die beitreten wollen”, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande des Luxemburger Treffens. Österreich knüpft seine Zustimmung daran, dass die EU ähnliche Signale auch gegenüber den Westbalkan-Staaten aussendet.

“Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gibt”, betonte Schallenberg weiter. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Ukraine und Moldau “auf der Überholspur” seien. “Wir können uns keinen geostrategischen Tunnelblick leisten und auf einem Auge blind sein.” Man stehe nicht nur in der Verantwortung gegenüber der Ukraine oder Moldau, sondern auch gegenüber den sechs Westbalkanstaaten – Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo. Er verwies darauf, dass Nordmazedonien bereits seit 17 Jahren Beitrittskandidat ist und seit zwei Jahren mit Albanien auf die Eröffnung der Beitrittsgespräche wartet.

Es sei eine “sehr volatile Gegend, die Nervosität ist mit Händen greifbar”, sagte der Außenminister, und er warnte: “Russland hat Destabilisierungspotenzial weit über die Ukraine hinaus.” Beim EU-Gipfel werde Österreich auf jeden Fall eine “Gesamtdiskussion zur europäischen Nachbarschaft” fordern. Auf die Frage, ob Österreich blockiert, sollte es kein Signal Richtung Westbalkan geben, antwortete Schallenberg: “Unsere Erwartung ist, dass die Partner das verstehen, (…) die Erweiterung ist das wichtigste geostrategische Instrument.” Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn betonte, die EU dürfe den Balkan nicht “links liegen lassen”.

Die Niederlande wollen dem Kandidatenstatus nach anfänglichem Zögern nun zustimmen. Außenminister Wopke Hoekstra sagte in Luxemburg, die EU-Kommission habe einen “ausgewogenen Vorschlag” vorgelegt. Dies ändere aber nichts daran, dass die Ukraine unter anderem bei Rechtsstaatlichkeit und Demokratie “noch Hausaufgaben zu machen” habe.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sprach mit Blick auf den EU-Beitrittsprozess der Ukraine von einem “historischen Moment”. “Es gilt jetzt, nicht nach Schema F zu verfahren, sondern diesen historischen Moment zu nutzen und der Ukraine mit Blick auf ihre Perspektive deutlich zu machen: Ihr gehört mitten in die Europäische Union”, sagte die deutsche Grünen-Politikerin. Die Herausforderungen und Aufgaben für den Beitrittsprozess seien “wahnsinnig groß”, niemand wolle aber, dass man in ein paar Jahren zurückschaue und sage: “Wie konnten wir diese Weichenstellung nicht nutzen?” Ebenso unterstützte Baerbock den Vorschlag der EU-Kommission, auch Ukraines kleinen Nachbarn Moldau zum EU-Beitrittskandidaten zu ernennen.

Mit Blick auf eine mögliche EU-Erweiterung sprach sich Baerbock dafür aus, Entscheidungsverfahren in der Gemeinschaft anzupassen. “Es gilt jetzt nicht einfach nur, mehr Stühle in den europäischen Kreis zu stellen, sondern wir müssen gemeinsam die Europäische Union stärken”, sagte sie. Das bedeute perspektivisch, dass man auch in der Außen- und Sicherheitspolitik zu Mehrheitsentscheidungen kommen müsse, damit man in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Stärke habe, die man brauche, um die europäischen Werte zu verteidigen.

Bei den Außenministern könnte auch die Militärhilfe für die Ukraine zur Sprache kommen. Bisher hat die EU aus einem Fonds zwei Milliarden Euro für gemeinsame Waffenkäufe freigegeben. Österreich hat entsprechende Beschlüsse ermöglicht, beteiligt sich aber wegen seines neutralen Status nicht aktiv daran. Weitere Themen der von Borrell geleiteten sind die Beziehungen zu Ägypten und die Lage am Horn von Afrika. APA

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.