Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Vienna calling

Politik / 01.07.2022 • 09:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Der Spott war groß, nachdem der Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Ludwig vom vermeintlichen Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko in die Irre geführt worden war und mit einem Fake-Klitschko eine Videokonferenz abgehalten hatte. Dies war auch seinen Amtskolleginnen und -kollegen in Berlin und Madrid passiert. Das Match, wer als erster misstrauisch wird, haben Ludwig und sein Team allerdings klar verloren.

„In Wahrheit sind die außenpolitischen Kontakte der Länder und auch der Gemeinden ungemein vielfältig und wertvoll.“

Man könnte die Affäre mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen und abhaken, die Eigengesetzlichkeiten der Politik sind aber nun einmal andere: Die Wiener FPÖ droht, den Bürgermeister wegen Verrats von Staatsgeheimnissen anzuzeigen. Was für eine unsinnige Beschäftigung der Strafverfolgungsbehörden! Natürlich würde das Verfahren eingestellt werden, aber erst nachdem der Vorgang akribisch nachvollzogen wurde, Zeugen einvernommen und Akten angelegt wurden. Als ob derzeit nichts Besseres zu tun wäre.

Damit leider nicht genug. „Um solche bedauerlichen Vorfälle künftig zu vermeiden, möchte das Außenministerium darauf hinweisen, dass die Koordination solcher Termine über die zuständige Botschaft erfolgen soll“, wurde verlautbart. Das liest sich so, als müssten sich Politiker, die mit ausländischen Kollegen per Telefon oder Videoschaltung Beratungen abhalten, zuvor mit der zuständigen österreichischen Botschaft im jeweiligen Land in Verbindung setzen, die dann nach Prüfung der Identität des Gegenübers einen Termin koordiniert.

Echt jetzt? Es glaubt ja wohl niemand ernsthaft, dass der Landeshauptmann, wenn er eine Videokonferenz mit seinem Amtskollegen aus St. Gallen führen will, zuerst die österreichische Botschaft in Bern kontaktieren wird. Das Ersuchen des Außenministeriums kann wohl nur politisch heikle Fälle betreffen, in denen eine vorherige Abstimmung mit dem Bund sinnvoll ist.

Schade, dass das außenpolitische Handeln der Länder nur dann wahrgenommen wird, wenn irgendwelche Possen oder Absurditäten stattfinden, wie etwa die Reise von Jörg Haider zum einstigen irakischen Diktator Saddam Hussein. Damals mussten die Landeshauptleute dem Bund versprechen, in Zukunft ihre Reisen ins Ausland mit dem Außenministerium abzusprechen. Daran erinnert sich heute niemand mehr.

In Wahrheit sind die außenpolitischen Kontakte der Länder und auch der Gemeinden ungemein vielfältig und wertvoll. Man denke nur an die Internationale Bodenseekonferenz und andere Organisationen. Unsinnige bürokratische Beschränkungen benötigen sie nicht.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.

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