Mitschuld durch Untätigkeit?
Es entspricht wohlverstandenem Rechtsempfinden, dass auch Täter in allerhöchsten politischen Ämtern für Allerwelts-Straftaten und erst recht für Kapitalverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Und im Fadenkreuz der Gerechtigkeit befinden sich gegenwärtig Ex-US-Präsident Donald J. Trump und Russlands Präsident Vladimir Putin.
Geräuschloser als viele im Wortsinn „rechtschaffene“ Bürger und Politiker in den USA goutieren, ermitteln das Washingtoner Justizministerium und Anklagebehörden in mehreren Bundesstaaten gegenwärtig gegen Trump wegen Vorwürfen von Vergewaltigung, Betrug und zahlreicher anderer Straftaten. Im offensichtlich immer wahrscheinlicher werdenden Fall tatsächlicher Anklagen, gegen die verblendete politische Gefolgsleute weiter integrieren, könnte dies den ranghöchsten präsumtiven Hüter des Rechts für Jahrzehnte hinter Gitter bringen. Und damit, en passant, auch eine neuerliche Kandidatur fürs Präsidentenamt blockieren.
Gleichzeitig sammelt ein Untersuchungsausschuss des US-Parlaments „gerichtsfeste“ Beweise für ein Hochverratsverfahren gegen Trump. Weil er zum Zweck der Umkehr des demokratisch ermittelten Wahlsieges seines Gegenkandidaten Joseph Biden eine bewaffnete Meute von Anhängern zum Staatsstreich und Sturm auf das Parlament aufhetzte, bei dem es mehrere Tote gab. Nach „Titel 18“ des US-Strafgesetzbuchs droht verurteilten Hochverrätern als Höchststrafe lebenslange Haft.
Russlands Diktator Putin, der seit Monaten einen Angriffs- und Vernichtungskrieg führt, wollen die Menschen in der Ukraine und vielen anderen Ländern der Erde wegen offenkundiger Kriegsverbrechen einschließlich Massenmorden an der Zivilbevölkerung vor Gericht sehen. Dass es zu einem Verfahren vor dem dafür zuständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag kommt, ist aber einigermaßen zweifelhaft: Die Verfassung des Gerichts schreibt zwingend die „persönliche Anwesenheit“ des Angeklagten vor, der diese Auflage wohl nicht erfüllen wird.
Dennoch muss Putin das rechtliche Konstrukt der „universalen gerichtlichen Zuständigkeit“ des Völkerrechts fürchten. Demzufolge können/müssen/sollen 16 Staaten der Erde, darunter 7 EU-Mitglieder wie Deutschland und Österreich Menschenrechtsverletzungen wie die Putins gerichtlich verfolgen. – Und wer ergreift jetzt die Initiative? Oder anders: Wer muss sich den Vorwurf gefallen lassen, durch Untätigkeit letztlich mitschuldig zu werden?
„Nach ,Titel 18‘ des US-Strafgesetzbuchs droht verurteilten Hochverrätern als Höchststrafe lebenslange Haft. “
Peter W. Schroeder
berichtet aus Washington, redaktion@vn.at
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