ÖGK-Chef Wurzer verteidigt Kassenreform trotz hoher Verluste

Politik / 04.07.2022 • 18:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
ÖGK-Chef Wurzer verteidigt Kassenreform trotz hoher Verluste
ÖGK, APA

Eine Milliarde sollte den Patienten durch die schwarz-blaue Reform zugutekommen. Ein Rechnungshofbericht verortet hingegen hohe Verluste.

Wien „Österreichische Gesundheitskasse hat Fusion gut abgeschlossen“ lautet der Titel einer Aussendung von vergangenem Donnerstag. Der Rechnungshof kam in einem Rohbericht hingegen zu einem komplett anderen Befund.

Statt der propagierten „Patientenmilliarde“ an Einsparungen, war es in den vergangenen zweieinhalb Jahren zu einem Mehraufwand von 214,95 Millionen Euro gekommen. Grund dafür sind unter anderem höhere Kosten für Verwaltung und IT. Bernhard Wurzer, der Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), verteidigte dennoch die Kassenreform, die unter der schwarz-blauen Koalition entworfen wurde: „Die Fusion wird am Ende des Tages ein Erfolg sein.“

Zu schnell versprochen

Wurzer räumte jedoch ein, dass die Politiker von ÖVP und FPÖ die „Patientenmilliarde“ zu früh versprochen haben. Die Erfolge hätten sich jedoch nicht so schnell eingestellt. Das sei aber auch der Coronapandemie geschuldet. Der ÖGK-Chef nannte auch die räumliche Zusammenlegung in ein einziges Gebäude als Beispiel einer Einsparung, die erst später Effekte zeigen werde.

<p class="caption">Die neun Gebietskrankenkassen gingen in der ÖGK auf. Das propagierte Einsparungspotenzial wurde bislang nicht schlagend. <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker">APA</span></p>

Die neun Gebietskrankenkassen gingen in der ÖGK auf. Das propagierte Einsparungspotenzial wurde bislang nicht schlagend.  APA

Schon 2018 berichtete die VN hingegen über die scharfe Kritik des Rechnungshofs an „nicht nachvollziehbaren Berechnungen zur Kassenreform“. Was die Kassenreform einsparen oder kosten wird, sei nicht plausibel oder nachvollziehbar, lautete der Befund des Rechnungshofs damals. Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker forderte eine Überarbeitung: „Man muss das Spiel mit Zahlen beenden“, sagte sie im Oktober 2018. Es fehle einerseits ein Nachweis, wie die Regierung auf die behaupteten Einsparungen von einer Milliarde Euro komme. Gleichzeitig würden mögliche Kosten der Reform gänzlich verschwiegen.

Nach der Kritik des Rechnungshofs besserte die Bundesregierung ihre Berechnungen zur Kassenreform schließlich nach. Zwar sprach sie immer von einer Milliarde Euro, in den Berechnungen zum Gesetzesentwurf schienen allerdings bis 2023 nur 33 Millionen Euro auf. Bis 2026 sollten sich diese auf insgesamt 350 Millionen Euro summieren. Nun stellte der Rechnungshof klar, dass auch bis 2023 keine Einsparungen, sondern nur Mehrkosten auf die Steuerzahler zukommen.

Arbeitnehmer geschwächt

Die Zusammenlegung schwächte zudem auch die Position der Arbeitnehmer. Im Verwaltungsrat, der Geschäftsführung der ÖGK und PVA, wurden die Rechte der Arbeitgeber ausgeweitet, sie besetzen die Hälfte der Plätze. Zuvor waren die Arbeitnehmervertreter als Versicherte in deutlicher Überzahl. Auch in der Hauptversammlung wird künftig Parität herrschen. Die ÖGK ist zentraler Ansprechpartner für rund 300.000 Dienstgeber. 

Scharfe Kritik von ÖGB

„Aus dem einstigen ‚Leuchtturmprojekt‘ ist ein Unterseeboot geworden, das nun so schnell wie möglich gestoppt werden muss“, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Er sieht im RH-Bericht die damalige Kritik des Gewerkschaftsbundes bestätigt. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) müsse den Bericht nun ernst nehmen und aktiv das Gespräch mit den Arbeitnehmervertretern suchen, fordert Katzian.

Auch Kritik an Personalbesetzung

Laut „profil“ kritisiert der Rechnungshof im aktuellen Rohbericht auch die Personalbesetzungen bei der Gesundheitskasse und beim Dachverband als intransparent. Konkret betrifft dies etwa den Büroleiter des neuen Dachverbands, ein FPÖ-naher Investmentbanker. So seien etwa Dokumente zu Entscheidungskriterien vor der Prüfung geschreddert worden.

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