Vorarlbergs Wälder verändern sich durch den Klimawandel

Politik / 15.07.2022 • 19:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Nebel liegt unterhalb des Pfänders im Bregenzerwald. Dieser Wald trotzt dem Klimawandel relativ gut.<span class="copyright">APA/Felix Kästle</span>
Nebel liegt unterhalb des Pfänders im Bregenzerwald. Dieser Wald trotzt dem Klimawandel relativ gut.APA/Felix Kästle

Eine Hitzewelle halten die Wälder ein paar Wochen gut aus. Langfristig werden sich neue Baumarten durchsetzen.

Bregenz Kommende Woche wird es heiß. In einigen Regionen steigen die Temperaturen laut aktuellen Prognosen tagelang auf über 30 Grad Celsius – für Vorarlbergs Wälder eine Herausforderung.

“Diese Woche hatten wir fast keinen Niederschlag. Ein oder zwei Wochen geht das noch. Aber mit jeder Woche wird es schwieriger“, sagt Andreas Amann. Er ist Vorstand der Abteilung Forstwesen der Vorarlberger Landesregierung und beobachtet den Klimawandel seit 35 Jahren „mit wachen Augen“, wie er erzählt. Mit den VN hat er über die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen und Waldbrände gesprochen.

„Es hängt nun stark davon ab, wie es nach der kommenden Woche weitergeht“, sagt Amann. Bei drei oder vier Wochen Hitze werden manche Bäume Probleme bekommen. Das Jahr habe bislang gut begonnen. Während der Hauptwachstumsperiode hat es ausreichend geregnet, die Bodenspeicher sind noch gefüllt. Schwierig wird es für Standorte, die dem Wind und der Sonne stark ausgesetzt sind und flachgründige, steinige Böden haben. Wo Kalk und Dolomit dominieren, haben es die Wälder schwerer mit der Hitze. Amann zählt auf: Die sonnigen Hänge des Klostertals und des Großen Walsertals, im Bereich von Feldkirch bis Dornbirn sowie im südlichen Walgau bis Vandans. Im Montafon mit seinen Urgesteinböden sowie in der Flyschzone ist mehr Wasser im Boden gespeichert. Um den Bregenzerwald ist es prinzipiell besser bestellt, weil dort die höchsten Niederschlagsmengen sind und die Böden gut Wasser halten können.“

Laubfall im Juli

Die Pflanzen können sich bis zu einem gewissen Punkt gegen die Hitze wehren. Amann berichtet, dass es an den Blättern Spaltöffnungen gibt. Wenn wenig Wasser da ist, verschließen sie sich. Dadurch reduziert sich der Wasserverbrauch. Doch bei langen Dürreperioden hilft auch das nichts mehr, die Blätter welken und der Baum wirft sie vorzeitig ab. “Das sieht man manchmal schon im Juli und August”, so Amann.

Wie bereits in fast ganz Europa ist die Waldbrandgefahr auch in Vorarlberg Thema. Hier läuft ein gemeinsames Projekt mit dem Landesfeuerwehrverband. Die Ausrüstung zur Waldbrandbekämpfung wird aufgestockt und ein Bodenfeuchtemonitoring aufgebaut. Dazu wird an neuralgischen Stellen automatisch gemessen, Entwicklungen können früher entdeckt werden. Aber Amann betont: „Waldbrände sind fast zu 100 Prozent menschengemacht.“ Daher sei es wichtig, mit Informationskampagnen zu arbeiten. Und, falls das nichts hilft, „Menschen mit Strafandrohungen auf die Gefahr von Hantieren mit offenem Feuer aufmerksam zu machen“. Eine Stellschraube ist die Entfernung von Totholz und dürrem Astmaterial. Allerdings schadet das auch der Biodiversität und dem Nährstoffkreislauf.

Politische Maßnahmen

Der stetige Temperaturanstieg und die Zunahme von Extremwetterereignissen beschäftigen auch die Landesregierung. Um den zukunftsfitten Wald geht es auch in der Waldstrategie 2030 Plus, die erst vor wenigen Wochen vorgestellt wurde, die VN berichteten. Es ist eine Leitlinie für Politik, Verwaltung und Waldbesitzer, wie die Schutzwirkung des Waldes erhalten bleiben kann. Zudem spielt der Umgang mit Nachfrage nach Holz als Brenn-, Bau- oder Werkstoff eine große Rolle.

Amann beobachtet die Entwicklung der Vorarlberger Wälder seit Jahrzehnten. Nach seinem Studium an der Universität für Bodenkultur hat er Waldwirtschaft unterrichtet und versucht „die Liebe zum Wald weiterzugeben“. Zwölf Jahre hat er in Laterns den Forstbetrieb der Gemeinde bewirtschaftet. Seit zehn Jahren ist er im Amt der Landesregierung. Der Klimawandel war bereits Ende der 80er-Jahre im Studium Thema. Privat hat Amann zwei Hektar Wald. “Das ist mein kleines Labor”, sagt er. Mitte der 90er-Jahre hat er auf einer Seehöhe von 850 Metern bereits Eichen angepflanzt. “Wir haben in der Universität noch gelernt, dass ihnen über 500 Metern zu kalt ist. Aber sie entwickeln sich prächtig.” Es sei also wichtig, Baumarten bei der Aufforstung vorausschauend mitzuberücksichtigen, die früher nur in niedrigeren Lagen wachsen konnten.

Man müsse der Realität ins Auge sehen, so Amann: Der Wald wird sich verändern. Ein Drittel der Vorarlberger Landesfläche, genau 97.400 Hektar, sind mit Wald bedeckt. In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Anteil der Fichten kontinuierlich gesenkt und liegt nun bei etwa 45 Prozent, denn sie sind mit zunehmendem Trockenstress anfälliger für Borkenkäfer. 15 Prozent machen Buche, 10 Prozent Weißtanne aus. Baumarten aus wärmeren Klimaregionen wie der Mittelmeerregion werden jedoch bereits heute zunehmend in Österreich angepflanzt. Dazu zählen etwa  Douglasie, Eichenarten, Edelkastanie, Zedern und andere Kiefernarten, die Trockenheit besser aushalten. „Den Vorarlberger Wald wird es weiterhin geben, aber er wird nicht mehr so aussehen, wie wir das gewöhnt sind.”

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