Putin und Erdogan für Gespräche in Teheran, stockende Kämpfe in der Ukraine

Während im Iran die Lage in Syrien diskutiert wird, stockt der russische Vormarsch in der Ukraine.
Ankara, Kiew, Moskau, Teheran Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat den türkischen Staatschef Recep Tayyip in Teheran empfangen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete, wurde Erdogan am Dienstagmorgen in der Palastanlage Saadabad begrüßt. Mit Russlands Präsident Wladimir Putin wollen die Staatschefs am Dienstag zusammentreffen und über die Lage im Bürgerkriegsland Syrien sprechen.
Regionalpolitischer Fokus
In einem Meinungsartikel hatte der iranische Außenminister Hussein Amirabdollahian das Treffen als Ansatz einer “nachbarschafts- und regionalorientierten Politik” bezeichnet. “Der Gipfel wird sich nicht auf die Syrien-Frage beschränken, da die drei Länder gemeinsame Interessen in den Bereichen Wirtschaft, Energie und Ernährungssicherheit haben, die Teil der Beratungen auf dem Gipfel sein werden”, schrieb Amirabdollahian in der Zeitung “Irandaily” (Dienstagsausgabe).
Die drei Staaten haben bereits in der Vergangenheit über Syriens Zukunft verhandelt. Russland und der Iran unterstützen die syrische Regierung, die Türkei wiederum ist mit der Opposition verbündet. Beobachter erwarten, dass auch der russische Krieg in der Ukraine thematisiert wird.
Vormarsch im Donbass stockt
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben den russischen Vormarsch auf der strategisch wichtige Stadt Awdijiwka in der Region Donezk verhindert. Nach mehrtägigen Angriffen seien die russischen Truppen bei Awdijiwka zurückgedrängt worden, sagt der Chef der dortigen Militärverwaltung, Witali Barabasch. Awdijiwka liegt nördlich der Stadt Donezk auf dem Weg in die beiden weiterhin von der Ukraine kontrollierten Städte Kramatorsk und Slowjansk.

Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs gibt es zudem weiter harte Kämpfe entlang der Verteidigungslinie zwischen Siwersk und Bachmut im nördlichen Teil des Gebiets Donezk. Die russischen Truppen sollen auch hier keine Geländegewinne erzielt haben. Eine Meldung über eine Eroberung von Siwersk durch die Russen wurde zuerst von russischen Korrespondenten und später auch vom Chef der Militärverwaltung der Stadt, Olexij Worobjow, gegenüber dem Freien Radio dementiert. Russland und mit dem Land verbündete Separatisten kontrollieren den südlichen Teil der Donbass-Region Donezk und haben seit der Einnahme von Lyssytschansk die Nachbarregion Luhansk praktisch in ihrer Hand.
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Das russische Militär hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste mit wachsenden Schwierigkeiten in der Ukraine zu kämpfen. Schon seit Beginn der Invasion habe Russland Probleme gehabt, die offensive Schlagkraft seiner Truppen aufrechtzuerhalten, erklärt das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdienstberichte. “Neben der starken Unterbesetzung haben die russischen Planer mit dem Dilemma zu kämpfen, ob sie Reserven in den Donbass verlegen oder sich gegen ukrainische Gegenangriffe im südwestlichen Cherson-Sektor verteidigen.” Diese Probleme würden immer akuter. Auch wenn Russland weitere Geländegewinne erzielen könnte, komme der Vormarsch wahrscheinlich nur sehr langsam voran.

Den neuen Angriffsbemühungen war ein Befehl des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu vorausgegangen. Der hatte gefordert, die Angriffe in der Ukraine zu verstärken, um den Beschuss der Infrastruktur im von Russland besetzten Donbass zu verringern. Donezk war zuletzt häufig das Ziel ukrainischer Artillerieangriffe. Es ist erklärtes Ziel Moskaus, die Region wie zuvor das benachbarte Gebiet Luhansk komplett der ukrainischen Kontrolle zu entreißen.
Kreml droht mit härterem Diktatfrieden
Russland hat der Ukraine im Fall einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen härtere Bedingungen als zuvor in Aussicht gestellt. Bei den Verhandlungen im März in der Türkei seien konkrete Resultate erzielt worden, ehe Kiew den Kontakt abgebrochen habe, klagte Juri Uschakow, ein Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin, am Montag der Nachrichtenagentur RBK zufolge. “Wenn jetzt also die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann zu völlig anderen Bedingungen.”
Einzelheiten nannte Uschakow keine. Russische Truppen hatten sich nach den Verhandlungen – auch angesichts des erbittertem militärischen Widerstands der Ukrainer – nördlich von Kiew zurückgezogen. Daraufhin wurden unter anderem in der Kleinstadt Butscha Massengräber von Zivilisten entdeckt. Danach kam es bisher zu keinen neuen Friedensgesprächen.

Als Ziele des in Moskau “militärische Spezialoperation” genannten Kriegs gegen die Ukraine hatte Putin bereits im Februar die “Entnazifizierung” und “Entmilitarisierung” der Ukraine, ihren neutralen Status, die Abtretung der Gebiete Donezk und Luhansk sowie die Anerkennung der seit 2014 annektierten Krim als russisch genannt. Mit diesen Forderungen ist Moskau auch in die Verhandlungen gegangen.
Russische Truppen haben aber auch Teile des Gebiets Saporischschja im Südosten der Ukraine und fast das gesamte Gebiet Cherson im Süden besetzt. Die dort eingesetzte prorussische Verwaltung spricht seit längerem von Plänen, Referenden über einen Beitritt zu Russland durchzuführen. Ein Befehlshaber der russischen Truppen hat zudem die Schaffung eines russischen Korridors entlang der Schwarzmeerküste bis hin zur Konfliktregion Transnistrien in der Nachbarrepublik Moldau als Kriegsziel genannt.