Das sagt Frankreichs Botschafter über die Energiewende und die Atomkraft

Die Startbedingungen seien unterschiedlich, das Ziel aber klar, sagt Gilles Pécout.
Magdalena Raos, Birgit Entner-Gerhold
Schwarzach Bei allen Gemeinsamkeiten, die es zwischen Frankreich und Österreich gebe, seien doch zwei Unterschiede deutlich: Sie betreffen einerseits die unterschiedlichen Voraussetzungen für die internationale Politik aufgrund der österreichischen Neutralität und andererseits die Einstellung zur Atomenergie. Darauf verweist Gilles Pécout, seit 2020 französischer Botschafter in Österreich, im VN-Gespräch. Die Beziehungen zwischen den Ländern, „eingebettet im gemeinsamen Rahmen der Europäischen Union“, bezeichnet er aber als eng und beständig.
Veränderung der Neutralität
Was die Neutralität angeht, betont Pécout deren anhaltende Veränderung, die diese schon unter dem früheren Außenminister und späteren Bundeskanzler Bruno Kreisky erfahren habe. Es handle sich um eine „aktive Neutralität“. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine vertrete Österreich die europäischen Prinzipien und unterstütze das angegriffene Land.
Angesprochen auf die vielbeachtete Aussage von Präsident Emmanuel Macron aus dem Jahr 2019, wonach die NATO „hirntot“ sei, meint Pécout: „Diese Zuschreibung gehört der Vergangenheit an. Man muss den Kontext beachten.“ Vor dem Hintergrund des aktuellen Kriegs bekräftigte der Botschafter vielmehr die große Bedeutung des Militärbündnisses. Europa sei eng damit verknüpft.
Gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden habe Macron unlängst betont, wie wichtig das Verhältnis zwischen NATO und EU sei. Bezüglich der Atomkraft weiß Pécout zwar von der Ablehnung hierzulande. Gleichzeitig gebe es ein gemeinsames Ziel in Europa: „Die Dekarbonisierung der Wirtschaft und des täglichen Lebens.“ Beim Senken der Emissionen sei klar, wohin die Reise führen müsse. „Wir haben aber unterschiedliche Startbedingungen.“ Für Frankreich gelte: „Ohne Atomenergie würden wir das Ziel nicht erreichen.“ Der Diplomat unterstreicht aber, dass es sich um eine „Brückentechnologie“ handle.

Hinsichtlich der sogenannten Taxonomie auf EU-Ebene, also der Einstufung von Investitionen in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke als klimafreundlich, hält Pécout fest, dass es sich um eine europäische, nicht um eine französische Position handle. „Auch Frankreich musste Kompromisse eingehen und Konditionen akzeptieren.“ Der Rechtsakt zur Taxonomie soll am 1. Jänner kommenden Jahres in Kraft treten, Österreich hat eine Klage dagegen angekündigt.
Kulturell gesehen sei das Verhältnis zwischen den Ländern besonders eng, erklärt der Diplomat weiter, für den in Vorarlberg neben Firmenbesuchen bei Rupp oder Zumtobel unter anderem auch der Besuch der Festspiele und ein Treffen mit Christof Thöny vom Museumsverein Klostertal auf dem Programm stand. Er verwies auf Bemühungen zum Aufbau von Allianzen aus europäischen Universitäten, die Macron in seiner berühmten Rede an der Pariser Sorbonne-Uni 2017 angestoßen hatte. Daran seien auch immer mehr österreichische Hochschulen beteiligt, schildert Pécout.
Viele Erzählungen über Vorarlberg
“Wir haben eine sehr gute Beziehung“, sagt der Diplomat auch über Michael Linhart. Linhart sei in Paris sehr beliebt gewesen. „Österreich hat überhaupt traditionell sehr „Wir haben eine sehr gute Beziehung“, sagt Pécout auch über Michael Linhart. Der Vorarlberger war früher österreichischer Botschafter in Frankreich, später Kurzzeit-Außenminister. Linhart sei in Paris sehr beliebt gewesen. „Österreich hat traditionell sehr beliebte Botschafter in Frankreich. Denken Sie nur an Eva Nowotny oder Ursula Plassnik.“ Das liege vielleicht daran, dass sie so gut Französisch sprechen. „Linhart kennt auch das Land und seine Eigenschaften sehr gut.“ Pécout verrät: „Er erzählt in fast jeder Unterhaltung von Vorarlberg.“ Heuer hat der Diplomat eine neue Position angetreten: Er ist nun Botschafter in Deutschland.
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