Präsidentenwahlkampf mit Unsicherheiten

Bei einem Ergebnis von unter 60 Prozent würden Diskussionen auf Amtsinhaber Alexander Van der Bellen zukommen, analysiert Politikwissenschaftler Peter Filzmaier.
WIEN Heinz Fischer hat es 2010 vorgemacht: Bei seiner Wiederwahl zum Bundespräsidenten erreichte er knappe 80 Prozent, seine Mitbewerber Barbara Rosenkranz (15 Prozent) und Rudolf Gehring (5 Prozent) ließ er damals weit hinter sich. Solch ein Ergebnis wird es für Bundespräsident Alexander Van der Bellen heuer eher nicht spielen.
In aktuellen Umfragen – zum Teil noch abgefragt mit fiktiven Gegenkandidaten – erreicht der Amtsinhaber Platz eins mit 54 bis 63 Prozent. Für den Politikwissenschaftler Peter Filzmaier ist das „an sich eine undramatische Entwicklung, aber in dieser sehr polarisierten Politik- und Medienlandschaft sind natürlich die Diskussionen im Gange.“
Mobilisierung bei Nichtwählern
Er mahnt im VN-Gespräch deswegen zur Vorsicht – auch im Wahlkampf: „Van der Bellen muss theoretisch nur darauf achten, dass er am Ende wiedergewählt wird. Es besteht aber die Gefahr, dass es als vergleichsweise schwaches Ergebnis gelten könnte.“ Der Knackpunkt sei hier die Mobilisierungskraft der Gegenkandidaten: „2010 gingen nur 53 Prozent zur Wahl. Im Nichtwählerlager sind also enorm viel Stimmen zu holen.“
Zudem droht laut Filzmaier eine ungleiche Mobilisierung unter den Kandidaten, weil der Amtsinhaber sowieso präferiert und in der Bevölkerung von seinem Wahlsieg ausgegangen werde: „Wenn er dann nur unter 60 Prozent holt oder sogar in eine Stichwahl müsste, hat Van der Bellen das Problem am Hals.“
Festgefahrene Wahlkampftaktik
Eine Möglichkeit, das Problem zu lösen, wäre ein erfolgreicher Wahlkampf; die materiellen Mittel hierfür kommen zu größten Teilen von der Grünen Partei. Die wird Van der Bellen aber nicht für Taxifahrten in diverse Fernsehstudios ausgeben: Sein Wahlkampfsprecher kündigte bereits an, dass er an den klassischen TV-Konfrontationen nicht teilnehmen werde.
Eine Möglichkeit, diese Taktik zu ändern, falls sich doch ein niedriges Ergebnis abzeichnen sollte, sieht Peter Filzmaier nicht: „Das hätte er besser gestern oder vorgestern angekündigt, aber eigentlich ist es zu spät. Egal, wie falsch eine Entscheidung über eine Wahlkampftaktik war – ein Zick-Zack-Kurs ist immer noch falscher.“
Kommunikationsstrategisch könne er die Entscheidung nachvollziehen, in Fernsehdiskussionen gebe es für Van der Bellen viel zu verlieren aber wenig zu gewinnen: „Demokratiepolitisch stellt sich aber schon die Frage, wie man mit Kandidaten, die es ebenfalls auf den Wahlzettel geschafft haben, umgeht.“ Das Bild über diese anderen Kandidaten – die Hürde von 6000 Unterstützungserklärungen werden wohl nur Männer überwinden – sei aber noch undurchsichtig.
Unschärfen auf dem Wahlzettel
Nur FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz und dem ehemaligen BZÖ-Obmann Gerald Grosz schreibt Peter Filzmaier ein „gewisses Image“ zu. Für den Vorsitzenden der Bierpartei hingegen, Dominik Wlazny, gelte es nun, so ein Image erst aufzubauen: „Bei ihm gibt es noch sehr viele Unsicherheiten. Gewählt werden Leute, wenn sie mit der Person bei Nennung des Namens etwas verbinden.“ Bei Wlazny werde das zur Herausforderung, weil er eher unter seinem Künstlernamen Dr. Marco Pogo bekannt sei.
Sein Team wird sich also um einen ordentlichen Wahlkampf bemühen müssen, für den Filzmaier keine inhaltlichen Überraschungen erwartet: „Nach den turbulenten letzten Jahren werden wir aber sicher über die Aufgaben des Bundespräsidenten sprechen und wie er die in der österreichischen Verfassungswirklichkeit wahrnimmt.“ Und auch der Umgang Van der Bellens mit der Regierungskrise nach Ibiza werde Thema sein.