Was ist bei den staatlichen Coronahilfen falsch gelaufen?

Der Rechnungshof zerpflückt die Arbeit der COFAG. Experten fordern mehr Transparenz.
Wien Hohe externe Beratungskosten und Überförderungen: Der Rechnungshof zerpflückt die Covid19-Finanzierungsagentur (COFAG) in einem Rohbericht. Die VN geben einen Überblick und beantworten die wichtigsten Fragen zur Causa.
Was ist die COFAG und warum sprechen wir über sie?
Die COFAG ist für die Verteilung der milliardenschweren Coronahilfen des Bundes zuständig. Bis Ende Juli 2022 hat sie 17 Milliarden Euro an Hilfen und Garantien ausgezahlt oder gewährt. Der Rechnungshof hat die Geldflüsse von März 2020 bis Juni 2021 geprüft und laut eines Rohberichts scharf kritisiert.
An wen ist Geld aus der COFAG geflossen?
Unter den zehn größten Zuschussempfängern fanden sich vier Bergbahn-Gesellschaften, berichtet „Der Standard“. Und weil Konzerne für ihre unabhängigen Töchter Zuschüsse bekommen konnten, kassierte ein Handelsbetrieb mit 47 Töchtern in Summe 16,2 Millionen Euro. Fast ein Fünftel aller Unternehmen musste sich mit weitaus weniger, nämlich unter 2500 Euro, begnügen. Für Vorarlberger Betriebe sind mehr als 600 Auszahlungen über 100.000 Euro in der EU-Transparenzdatenbank zu finden; Spitzenreiter sind Hotels, Bergbahnen und die Gastronomie.
Was kritisiert des Rechnungshofs?
Der Rechnungshof ortet ein erhebliches Risiko der Überförderung. Zuschüsse seien etwa nicht an den tatsächlichen Bedarf, sondern an die Branchenzugehörigkeit geknüpft gewesen. Die Einrichtung der COFAG selbst steht ebenso in Kritik: “Dadurch, dass ausgelagerte Rechtsträger nicht der parlamentarischen Kontrolle unterworfen sind, ergibt sich eine Intransparenz. Wenn man so eine Gesellschaft gründet, muss man Instrumente vorsehen, die das kompensieren”, sagt Verfassungsjurist Peter Bußjäger den VN.
Wodurch entstand noch eine schiefe Optik?
Externe Berater hätten mit der COFAG bestens verdient, nämlich insgesamt 21 Millionen Euro von März 2020 bis Juni 2021, heißt es im Rohbericht. Davon flossen 2,57 Millionen Euro an eine Wiener Rechtsanwaltskanzlei, die den Entwurf zur COFAG-Gründung erstellte, wobei sie nie einen offiziellen Auftrag des einstigen Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) dazu erhalten hatte.
Warum haben nicht einfach die Finanzämter die Förderungen ausbezahlt?
Warum die COFAG gegründet wurde und nicht die Finanzämter mit der Auszahlung beauftragt wurde, die über alle Unternehmensdaten verfügen, bleibt unklar. Der einstige, interimistische und ÖVP-nahe COFAG-Geschäftsführer Bernhard Perner arbeitete seit 2020 auf doppelter Gehaltsschiene: Von der Bankenabbaugesellschaft ABBAG, bei der er seit 2016 tätig war, erhielt er 280.000 Euro, 175.000 zahlte die COFAG dazu, obwohl vertraglich festgelegt war, dass er die Arbeit ohne zusätzliches Entgelt leisten müsste.
Was spricht für die Auslagerung?
Das ist die Frage, die sich der Rechnungshof in seinem Rohbericht gestellt hat. “Aus der Außenperspektive betrachtet, ist es nicht schlecht, für privatrechtliche Förderungen einen ausgegliederten Rechtsträger wie die Cofag zu betreuen”, sagt Bußjäger. Denn diese Einrichtungen seien flexibler als staatliche Verwaltungen. Aber der Experte ergänzt: “Selbstverständlich braucht es eine Alternativenprüfung. Es drängt sich jetzt auf, ob die Finanzämter nicht mit weniger Aufwand und günstiger diese Förderungen abwickeln könnten.”
Wären alternative Konstruktionen transparenter?
“Das ist auch das Thema, das derzeit bei der Untersuchungsausschussreform in Vorarlberg diskutiert wird. Kann man ausgegliederte Rechtsträger der parlamentarischen Kontrolle unterwerfen? Nach derzeitiger Verfassungsrechtslage stößt man hier sehr schnell an die Grenzen”, sagt Bußjäger. Doch selbstverständlich könnte der Gesetzgeber zum Beispiel anordnen, was auch passiert ist, dass der Finanzminister in kürzeren Abständen regelmäßig berichten muss. Zudem wäre eine Option, den Parlamentariern mehr Informationen zur Verfügung zu stellen.
Welche Konsequenzen sind nun notwendig?
Die Richtlinien waren so gestaltet, dass man rechtskonform über die bloße Zugehörigkeit zu einer Branche Umsatzentschädigungen lukrieren konnte. Auch wenn Einbußen so nie eingetreten waren. “So etwas darf natürlich nicht passieren”, sagt Bußjäger. Gewisse pauschale Urteile seien wohl notwendig gewesen, um schnell zu helfen. Aber ein grundsätzliches Problem sei, dass die Förderungen ohne Kontrolle der Plausibilität ausgeschüttet wurden. “Hier hätten die Richtlinien des Finanzministers schärfer sein müssen”, sagt er. Schwierig sei es, nachträglich in Förderverträge einzugreifen. “Im Wesentlichen kann man nur für hoffentlich nie eintretende zukünftige Fälle lernen.”
Birgit Entner-Gerhold, Julia Schilly, Maximilian Werner
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