Keine freien Plätze für Asylsuchende in Vorarlberg

Politik / 26.08.2022 • 18:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die Zahl jener Menschen, die in Österreich einen Asylantrag stellen, ist deutlich gestiegen. <span class="copyright">APA/EXPA/Groder</span>
Die Zahl jener Menschen, die in Österreich einen Asylantrag stellen, ist deutlich gestiegen. APA/EXPA/Groder

Deutliche Zunahme: Land sucht händeringend Quartiere.

Birgit Entner-Gerhold, Magdalena Raos

BREGENZ Die Asylzahlen liegen derzeit über dem Niveau des Rekordjahres 2015. Von Jänner bis inklusive Juli dieses Jahres zählte das Innenminister 41.909 Asylanträge in Österreich. Vor sieben Jahren waren es im gleichen Zeitraum 37.308. Das findet auch in Vorarlberg seinen Niederschlag und stellt die Landesregierung vor Herausforderungen. „Die Bereitschaft zur Bereitstellung von Quartieren ist in der Bevölkerung sowohl für Vertriebene aus der Ukraine als auch für Asylwerbende aus anderen Staaten sukzessive abnehmend“, sagt der zuständige Landesrat Christian Gantner (ÖVP) dazu. Nach Unterkünften werde aber händeringend gesucht.

Unmittelbar nachbelegt

Dem Land zufolge gibt es derzeit keine freien Plätze für Asylsuchende in Vorarlberg. Freiwerdende Quartiere würden unmittelbar nachbelegt. „In der Landesgrundversorgung befinden sich aktuell 2914 Personen.“ Der Ukrainekrieg habe eine große Anzahl an freien Plätzen in Anspruch genommen, wobei von den Vertriebenen die Hälfte in Privatquartieren untergebracht seien. Die Zahl registrierter Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine liegt derzeit bei 1915 Personen, informierte das Land am Freitag. In den steigenden Asylantragszahlen schlagen sie sich nicht nieder, da ihnen als Kriegsvertriebene automatisch temporären Schutz zugesprochen wird.

Das private Dienstleistungsunternehmen ORS betreut derzeit das Erstaufnahmezentrum für ukrainische Kriegsvertriebene in Nenzing und ein Quartier im Montafon. Laut Gantner wird je nach Entwicklung und Quartiersstruktur über eine Ausweitung des Auftrages nachgedacht.

Dem Land obliege es zwar, die Aufnahmemöglichkeiten zu beurteilen, sagt Caritas-Direktor Walter Schmolly auf VN-Anfrage. Letztlich sei aber entscheidend, wozu die Gesellschaft als Ganze bereit sei. „In den letzten Monaten haben wir bei der Aufnahme von kriegsvertriebenen Personen aus der Ukraine erlebt, was in einer außerordentlichen Situation durch die Hilfsbereitschaft der Menschen möglich wird.“ Es gelte, sich ehrlich und sachlich mit der Frage auseinanderzusetzen: „Was können wir leisten, wo machen wir es uns zu leicht, wo würden wir uns überfordern?“ Aus der Sicht der Caritas als Flüchtlingsbetreuungseinrichtung stünden aktuell jedenfalls vier Themen im Fokus: Neben der Verfügbarkeit von Wohnraum, der in Vorarlberg immer Thema sei, erwähnt Schmolly auch die abgestimmte Kommunikation unter allen Beteiligten, die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie das Engagement der Ehrenamtlichen.

Mehr als ausgelastet

Die Erstaufnahmezentren des Bundes seien mittlerweile mehr als ausgelastet, teilte das Innenministerium dem Landesrat bereits mit. Deswegen seien die Länder aufgefordert, rasch Quartiere zu eröffnen, um die zum Verfahren zugelassenen Asylwerber in die Betreuung zu übernehmen. Vorarlberg erfüllt seine Quote derzeit zu 73 Prozent und belegt im Bundesländervergleich nur den siebten Rang. „Wird berücksichtigt, dass es mit Ausnahme von Vorarlberg in allen anderen Bundesländern Bundesbetreuungseinrichtungen gibt, so liegt Vorarlberg, was die Landesgrundversorgung betrifft, auf dem fünften Rang“, heißt es aus Gantners Büro.

Wöchentlich kämen neue Asylwerbende in kleinen Gruppen nach Vorarlberg – je nachdem, wie viele Plätzegerade verfügbar sind. „Die Bemühungen zur verstärkten Aufnahme werden vom Land Vorarlberg in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Systempartnern weiterhin mit Nachdruck fortgesetzt“, beteuert der Landesrat. Der Wohnungsmarkt erleichtere die Lage nicht, ebenso wenig die hohen Mietpreise. Es bleibe aber das Ziel, verstärkt auf kleinere Quartiere zu setzen. „Wir appellieren dabei händeringend an alle Unterkunftseigentümer und –eigentümerinnen, uns entsprechende Quartiere für Asylwerbende und nicht nur für Kriegsvertriebene aus der Ukraine zur Verfügung zu stellen.“

Asylzahlen

41.909 Asylanträge zählte das Innenministerium von Jänner bis inklusive Juli dieses Jahres in Österreich. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 14.156. Die Zahlen haben sich bislang im Vergleich zu 2021 fast verdreifacht.

 

37.308 Asylanträge wurden von Jänner bis inklusive Juli 2015 gestellt. Bis zum Jahresende sollten sich damals alle Anträge zusammen auf 88.340 summieren, bevor es im Jahr darauf wieder weniger wurden. Binnen zwölf Monaten zählte das Innenministerium 2016 42.285 Personen, die um Schutz ansuchten – also in etwa so viele, wie in den ersten sieben Monaten 2022. Mit Abstand die meisten Anträge stammten in diesen Jahren von Menschen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak.

 

9407 Anträge – und damit die meisten – stellten Menschen aus Afghanistan, gefolgt von Syrerinnen und Syrern (8175) sowie Personen aus Tunesien (5575). Zahlreiche Antragssteller stammen außerdem aus Pakistan (4594), Indien (4136) und Marokko (2147).

 

24 Prozent bzw. rund 10.000 aller Asylsuchenden sind minderjährig. Über 5000 von ihnen kamen ohne Begleitung eines Erwachsenen nach Österreich.

 

88,9 Prozent der 41.909 Anträgen stammen von Männern, 11,1 Prozent von Frauen.