Julia Ortner

Kommentar

Julia Ortner

Die Queen und wir

Politik / 12.09.2022 • 17:20 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Eine 96-jährige Dame, Besitzerin von mehreren Palästen und noch mehr Corgis, verstirbt und viele trauern. Auch wenn die meisten Elizabeth II. nur aus den Medien kannten, war da am vergangenen Donnerstag diese leise Traurigkeit, oft auch bei Menschen, die an sich kein Faible für die Monarchie haben – und ja, man kann gleichzeitig vom Tod der Queen angerührt und überzeugte Anhängerin der Republik sein, das schließt sich nicht aus. Dennoch, gerade auf den Social-Media-Plattformen gab es natürlich auch jene, die dagegen waren: Warum die kollektive Betroffenheit wegen des Todes einer greisen Königin? Und wer will heute noch eine verstaubte Institution wie die Monarchie? Doch niemand muss sich für seine Trauer genieren.

In einer individualisierten Gesellschaft, die das Verbindende kaum mehr kennt, kann eine gemeinsame Emotion die Menschen zumindest hin und wieder zusammenbringen. In den Parteien oder Kirchen existieren die einstigen Orte der Begegnung über Berufsgruppen und soziale Hintergründe hinweg schon lange nicht mehr. Und dass die Queen als Institution immer da war, über Kriege, Krisen und politische Umwälzungen hinweg, hatte für viele etwas Beständiges und Tröstliches.

Der unterschiedliche Umgang mit dem Todestag zeigt auch: Man braucht Toleranz und muss andere Sichtweisen nehmen können, wenn man sich gemeinsam in einem öffentlichen Raum wie den Social-Media-Plattformen bewegt und miteinander – oder zumindest nebeneinander – leben muss. Meinungen und Spleens der anderen zu ertragen, so lange sie nicht menschenverachtend oder kränkend sind, gehört zum sozialen Alltag. Aushalten muss man aushalten.

Wirtschaftsfaktor Windsor

Und wenn man angesichts des Todes der Königin die Abschaffung der Monarchie diskutieren möchte, sollte man Befindlichkeiten und Tatsachen trennen. Ob diese abgeschafft wird oder nicht, bestimmen nicht wir, sondern die Britinnen und Briten, die mit ihren Steuergeldern für den Erhalt ihres nationalen Märchenparks bezahlen – und wenn sie das trotz aller Skandale (Prince Andrew) tun wollen, ist das ihre Entscheidung. Immerhin geht es hier auch um einen Geschäftszweig: Die jährlichen Ausgaben für den Unterhalt der königlichen Familie sind 2021 zwar auf 87,5 Millionen Pfund gestiegen, doch das Familienunternehmen Windsor bringt dem Staat Einnahmen von bis zu 2,3 Milliarden Euro pro Jahr – die stärkste Botschafterin war die Queen selbst. Branchenexperten der „Financial Times” schätzten ihren Markenwert zuletzt auf 30 Milliarden Euro.

Die Queen ist tot und man wird jetzt beobachten können, ob ihre Familie den Ansprüchen gerecht wird. Dabei einfach mal die Contenance zu bewahren, wie die Monarchin es immer getan hat, wäre ein guter Ansatz.

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