Wasserstoff-Lkw bald als Alternative zum Diesel-Lkw im Fernverkehr?

Politik / 20.09.2022 • 16:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Wasserstoff-Lkw bald als Alternative zum Diesel-Lkw im Fernverkehr?

Die Gebrüder Weiss testen nachhaltige Transportlösungen für den Klimaschutz. Ein Gespräch über Zukunftsszenarien.

Der Bereich Landtransport hat sich in den vergangenen Jahren aufgrund der Pandemie und dem Klimawandel, weltweit gestörter Lieferketten, hoher Energiekosten und des Fahrermangels stark verändert.

Konzett pocht auf lösungsorientierte Debatten

Gerade im Bereich der nachhaltigen Logistik, der Ökologisierung der Lieferketten, entstehen neue Herausforderungen. Walter Konzett hat langjährige Erfahrung im Bereich Transport bei dem Vorarlberger Logistiker Gebrüder Weiss. Er pocht, auch im Sinne des Klimaschutzes, auf lösungsorientierte Debatten.

Die Gebrüder Weiss haben seit einem Jahr einen Wasserstoff-Lkw in der Schweiz im Einsatz. Auch in Österreich möchte sie die Technologie einsetzen. <span class="copyright">Gebrüder Weiss/Sums</span>
Die Gebrüder Weiss haben seit einem Jahr einen Wasserstoff-Lkw in der Schweiz im Einsatz. Auch in Österreich möchte sie die Technologie einsetzen. Gebrüder Weiss/Sums

E-Lkw schafft Vorarlberg-Wien nicht

Innovative Antriebstechnologien sind zwar vorhanden, aber in der Umsetzung liegt die Tücke. Konzett schildert: „Der E-Lkw ist bereits heute gut im städtischen Raum einsetzbar, für den Langstreckentransport aber weniger geeignet. Lange Ladezeiten und hohe Batteriegewichte reduzieren die Effizienz.” Um eine Breitenwirkung zu erreichen, bräuchte es andere Rahmenbedingungen. Derzeit gebe es keinen E-Lkw mit Anhänger, der von Vorarlberg nach Wien ohne Zwischenladung fahren kann. Auch fehle die Ladeinfrastruktur entlang der Strecke.

“Für einen großflächigen Einsatz ist der E-Lkw weder im urbanen noch im Langstreckenbereich aktuell wirtschaftlich zu betreiben.”

Hinzu kommt, dass die Investitionskosten für ein Elektrofahrzeug derzeit etwa dreimal so hoch sind wie jene für einen Diesel-Lkw. „Für einen großflächigen Einsatz ist der E-Lkw weder im urbanen noch im Langstreckenbereich aktuell wirtschaftlich zu betreiben.

Dennoch testen wir in mehreren Ländern die Zustellung mit Elektroantrieb. Im Fernverkehr könnte sich der Wasserstoff-Lkw als Alternative zum Diesel-Lkw entwickeln. Dafür braucht es aber eine Umstellung des technischen Systems, der Tankstellen-Infrastruktur und entsprechende Vorlaufzeiten. Das wird wohl mehrere Jahre in Anspruch nehmen“, sagt Konzett.

Gesetzliche Rahmenbedingungen fehlen

Gebrüder Weiss verfolgt bereits verschiedene Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit. In der Schweiz hat das Unternehmen seit eineinhalb Jahren einen Lkw im Einsatz, der mit Wasserstoff (H2) angetrieben wird. Ein zweiter Lkw soll demnächst angeschafft werden. Auch in Österreich möchte Gebrüder Weiss H2-Lkw einsetzen. Allerdings fehlen dafür noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung.

Seit 14 Jahren gibt es die Bahnverbindung zwischen Bludenz und Wien mit täglich zwei Zügen in eine Richtung für den Güterverkehr, womit jährlich mehr als 9000 Tonnen CO2 eingespart werden. Um noch mehr Waren auf die Schiene zu verlagern, müsste die Infrastruktur umfangreich ausgebaut werden. Die Mobilität seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördert Gebrüder Weiss mit Initiativen wie dem Jobbike und dem Job-Ticket für Bus und Bahn.

Emissionen im Verkehrssektor differenzieren

In Bezug auf den Straßenverkehr kritisiert Konzett eine „ideologisierte Diskussion“. Ein Blick in die Statistik zeigt: Der Verkehrssektor ist einer der Hauptverursacher für Treibhausgasemissionen. In vielen Bereichen, wie beispielsweise den Haushalten und der Landwirtschaft, sind die CO2-Emissionen gesunken. Im Verkehr stiegen die Emissionen im Vergleich zu 1990 jedoch um 74,4 Prozent. Dabei ist der höchste Anteil der Emissionen auf den Straßenverkehr und hier insbesondere auf den Pkw-Verkehr zurückzuführen.

Das Gesamtwirtschaftssystem kann sich aber nur unter gesicherten Rahmenbedingungen in Richtung Ökologisierung weiterentwickeln, resümiert Konzett. Das beinhaltet eben auch die Massentauglichkeit von Lkw. „Aktuell ist der Euro-6 Diesel-Lkw das effizienteste Transportfahrzeug auf dem Markt.“ Er weist auch auf Lang-Lkw hin, die in Deutschland und anderen EU-Ländern bereits zugelassen sind, nicht aber in Österreich. Bei einem Lang-Lkw handelt es sich um einen Lkw mit einer Länge von bis zu 25,25 m, der etwa in Deutschland ein Gewicht von bis zu 40 bzw. 44 Tonnen haben kann. Im Regelbetrieb können zwei Lang-Lkw die gleiche Menge an Volumen befördern wie drei konventionelle Lkw-Züge. 

„Der nationale aber auch der grenzüberschreitende Einsatz von Lang-Lkw würde einen wesentlichen Beitrag zur Senkung von CO2-Emissionen leisten und auch der Fahrerknappheit entgegenwirken“, erklärt Konzett. Damit könnten die Autobahnen entlastet und die Straßen-Infrastruktur geschont werden. Auch der Kraftstoffverbrauch sinke, und damit die CO₂-Emissionen.

Grüne Logistik kostet Geld

Angesichts der aktuellen Krisen gilt es, jede Investition noch genauer zu durchleuchten. „Wir müssen technologieoffen sein und verschiedene Wege testen. Grüne Logistik kostet Geld. Die europäische Politik muss daher mit den Mitgliedsländern investitionssichere Rahmenbedingungen schaffen und Fördermittel für den breitflächigen Umstieg auf alternative Antriebe sicherstellen und den Bahnausbau forcieren,“ fordert Walter Konzett.

VERANSTALTUNGSTIPP

Auf Initiative der Vorarlberger Nachrichten diskutieren ExpertInnen über eine klimafitte Zukunft:

Walter Konzett, Direktor und Produktmanager Landverkehre bei Gebrüder Weiss,

Heike Summer, Leiterin des Amts für Umwelt im Kanton Appenzell,

Stadtklimatologe und Meteorologe Simon Tschannett und

der grüne Landesrat Daniel Zadra.

Wann: Donnerstag, 22. September 2022, 18 Uhr

Wo: Alter Landtagssaal, Hypo-Passage 1, 6900 Bregenz

Der Eintritt ist kostenlos, um Anmeldung wird gebeten unter: teresa.brunner@russmedia.com