Wie es mit dem Bargeld in Österreich weitergeht

Politik / 01.10.2022 • 05:45 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Den Menschen ist ihr Bargeld wichtig. Wie es damit weitergeht, ist aber ungewiss.  <span class="copyright">APA/DPA</span>
Den Menschen ist ihr Bargeld wichtig. Wie es damit weitergeht, ist aber ungewiss.  APA/DPA

Das Volksbegehren für Bargeld bekam fast 531.000 Stimmen. Was bedeutet das nun?

Julia Schilly, Magdalena Raos

Wien Nur Bares ist Wahres. Dieser Spruch scheint für Österreicherinnen und Österreicher immer noch große Gültigkeit zu besitzen. Exakt 530.938 Personen unterschrieben das Volksbegehren “Für uneingeschränkte Bargeldzahlung”. Nur eine Verankerung in der Bundesverfassung ermögliche die Freiheit und Verfügbarkeit privaten Vermögens und müsse als Grundrecht abgesichert werden. Die Zukunft der Barzahlung ist dennoch ungewiss.

“Überwachung, Banken und Politiker, die ‘uns ins Privatleben schauen wollen’: Diese Themen bedienen die Skepsis gegenüber den sogenannten Eliten”, sagt Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle den VN über mögliche Motivationsgründe der Unterstützer. Wie erfolgreich das Volksbegehren ist, liegt aber nicht nur an der Anzahl der Unterstützer.

Von den bisher 73 Volksbegehren seit 1964 in Österreich nimmt das Bargeldvolksbegehren Platz 13 ein. Nach den vorläufigen Ergebnissen des Innenministeriums kamen 17.305 Unterstützerinnen und Unterstützer aus Vorarlberg, das sind rund 6,3 Prozent der hier Stimmberechtigten. Am stärksten war das Begehren demnach in Niederösterreich mit rund 10,6 Prozent.

Volksbegehren bei Jungen nicht mehr so wichtig

Sieben Initiativen standen zur Auswahl, sechs schafften die Hürde von 100.000 Unterschriften. Damit müssen sie im Parlament behandelt werden. “Grundsätzlich glauben eher ältere Personen noch an dieses traditionelle Instrument”, kommentiert Stainer-Hämmerle das Ergebnis. Denn das Anti-Rassismus-Volksbegehren “Black Voices”, das von eher jüngeren Menschen initiiert wurde und diese auch ansprechen sollte, scheiterte knapp. Bei diesem Volksbegehren gehe es um den Wunsch nach einer gesellschaftlichen Veränderung, nicht nur um Angst, dass einem “jemand ins Geldbörsl schaut”, so die Politologin.

“Die jungen Menschen gehen eher davon aus, dass Volksbegehren in der Schublade landen. Das haben wir ja tatsächlich bei vielen erfolgreichen Volksbegehren erlebt”, sagt Stainer-Hämmerle. Denn die Hürde von 100.000 Stimmen entscheidet keinesfalls über die Effekte. Das zeigt ein Blick auf das erfolgreichste Volksbegehren Österreichs. 1982 stimmten 1,36 Millionen Wahlberechtigte gegen den Bau des Wiener Konferenzzentrums. Das Austria Center Vienna (ACV) wurde bekanntermaßen dennoch errichtet.

Die Hürde von 100.000 Stimmen entscheide keinesfalls über die Effekte, sagt Politologin Stainer-Hämmerle. <span class="copyright">Prugger</span>
Die Hürde von 100.000 Stimmen entscheide keinesfalls über die Effekte, sagt Politologin Stainer-Hämmerle. Prugger

Beliebtes Bargeld

Das könnte beim Thema Bargeld jedoch anders verlaufen, es erfreut sich großer Beliebtheit, auch im Nachbarland Deutschland. Es handelt sich einer Umfrage zufolge um das bevorzugte Zahlungsmittel in beiden Ländern. Im laufenden Jahr sei die Nutzung von Scheinen und Münzen nach drei Jahren mit stetigem Rückgang auch wieder leicht angestiegen, zeigen die Ergebnisse einer YouGov-Erhebung im Auftrag des Beratungsunternehmens BearingPoint. Befragt wurden dafür insgesamt 3064 Menschen, 2056 in Deutschland und 1008 in Österreich, von 9. bis 14. August.

77 Prozent der Befragten in Österreich und 69 Prozent der Befragten in Deutschland zahlen demnach häufig bar. Einen Verzicht in den nächsten zwei Jahren können sich nur jeweils 13 Prozent vorstellen. 74 Prozent in Österreich und 65 Prozent in Deutschland erwarten sich auch in den kommenden zehn Jahren keine Abkehr vom Bargeld.

Bargeld sicher, aber bei Kriminellen beliebt

„Es handelt sich um ein extrem sicheres Zahlungsmittel“, sagt Friedrich Schneider, emeritierter Volkswirtschaftsprofessor von der Linzer Kepler-Universität zu den Vorteilen des Bargelds. Fälschungen seien nur mit großem Aufwand möglich. Zudem garantiere die Barzahlung Anonymität. „Wenn ich 500 Euro einer anderen Person gebe, wissen nur wir beide davon.“

"Auch die organisierte Kriminalität arbeitet zunehmend bargeldlos", sagt der Schattenwirtschaftsexperte Schneider. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
"Auch die organisierte Kriminalität arbeitet zunehmend bargeldlos", sagt der Schattenwirtschaftsexperte Schneider. VN/Steurer

Dazu komme der Schutz vor der Durchsetzung von Negativzinsen. Ein Nachteil bestehe darin, dass Bargeld für kriminelle Zwecke benützt werden kann, gibt der Schattenwirtschaftsexperte zu bedenken. Er fügt hinzu: “Das stimmt aber beileibe nicht mehr in dem Umfang wie früher. Auch die organisierte Kriminalität arbeitet zunehmend bargeldlos.“

Trotz der hohen Beliebtheit verweist Schneider auf einen Trend in Richtung bargeldlosem Zahlungsverkehr, zu dem die Coronapandemie beigetragen habe.  „Es wird immer bequemer, darauf zu verzichten.“