Zukunftsvergessen
In seiner ersten Budgetrede hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) eine Klarstellung vorgenommen. Er hat sich vom „Koste es, was es wolle“-Zugang distanziert, der seit der Pandemie gilt, und erklärt, dass es darum gehe, das Notwendige zur Verfügung zu stellen, damit Österreich möglichst gut durch all die Krisen kommt. Das würde bedeuten, dass jeder Euro zweimal umgedreht und nur ausgegeben wird, wenn damit auch wirklich treffsicher geholfen wird. Das klingt alemannisch-grundvernünftig.
Allein: Die Fakten, die zum Budget 2023 führen, widersprechen dem. Sie gehorchen zu 100 Prozent dem „Koste es, was es wolle“-Prinzip. In den vergangenen Monaten sind unzählige Hilfen fixiert worden. Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) hat eingestanden, dass man „den Überblick verliert“. Schlimmer: Man geht mit der Gießkanne vor. Der Budgetdienst des Parlaments hat sich gerade angeschaut, wie die 11,6 Milliarden Euro verteilt werden, die heuer und im nächsten Jahr insgesamt zur Abfederung der Teuerung gedacht sind. Ergebnis: Jede Einkommensgruppe bekommt mehr oder weniger gleich viel, von der untersten bis zur obersten. Bei der Strompreisbremse wird genauso wenig differenziert wie beim Klimabonus.
Nun kann man natürlich einwenden, dass, wer viel einzahlt, auch etwas herauskommen soll. Das hat was. Man sollte jedoch Prioritäten setzen. Und zwar dringend. Kein Mensch weiß, wie viele Hilfen noch erforderlich werden könnten. Also sollte es Zuschüsse, Entlastungen und Förderungen nur für jene geben, die es brauchen. Das würde sogar einem alten Wahlspruch der ÖVP entsprechen. Gefragt wäre es mehr denn je.
„Ich möchte nicht in fünf Jahren Finanzminister sein“, sagt der Chef des Fiskalrates, Christoph Badelt. Damit spricht er an, worauf man es hier ankommen lässt: unnötig hohe Schulden.
„Es wird nicht einmal symbolisch bei der Parteienförderung angesetzt: Budgetiert ist eine Erhöhung.“
Zuletzt waren die Zinskosten für den Bund ähnlich niedrig wie im Jahr 1990 (!). Schon im kommenden Jahr werden sie sich mit fast neun Milliarden Euro verdoppelt haben. Tendenz: weiter steigend. Bald werden sie so viel ausmachen wie das Schulwesen, also Bildung. Kann man hier sparen? Zunehmen werden auch die Ausgaben für Pensionen, Pflege, Gesundheit und Landesverteidigung. Kann man hier sparen? Da und dort kann man natürlich ansetzen. Aber man tut es nicht. Man redet allenfalls nur davon. Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger unter Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Stache (FPÖ) hat bekanntlich keine Patientenmilliarde gebracht. Das war ein Luftschloss. Und jetzt wird nicht einmal symbolisch bei der weltmeisterlichen Parteienförderung angesetzt: Für das 2023 ist eine Erhöhung um rund zwei Millionen Euro budgetiert. Anpassung, nennt sich das.
Politik darf sich nicht wundern, dass immer mehr Junge nichts mehr von ihr wissen wollen und bei der Bundespräsidenten-Wahl bemerkenswert viele nicht Ex-Grünen-Sprecher Alexander Van der Bellen, sondern den Chef der Bierpartei, Dominik Wlazny, unterstützt haben. Es ist wohl ihre Antwort darauf, dass auf ihre Zukunft gepfiffen wird; dass ihnen gerade mir nichts, dir nichts unverschämt hohe Rechnungen ausgestellt werden, die sie zu begleichen haben.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
Kommentar