“Die MFG wird verschwinden”

Politik / 16.10.2022 • 21:30 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Verschnupft reagierte die MFG auf das Ergebnis von Bundesparteiobmann Michael Brunner (Bild) am vergangenen Sonntag.<span class="copyright">APA/Hans Klaus Techt</span>
Verschnupft reagierte die MFG auf das Ergebnis von Bundesparteiobmann Michael Brunner (Bild) am vergangenen Sonntag.APA/Hans Klaus Techt

Nach dem Dämpfer bei der Bundespräsidentenwahl sehen Politologen unsichere Zukunft der neuen Partei.

Wien, Bregenz Bei der Bundespräsidentenwahl am vergangenen Sonntag stimmten 17 von 241 Menschen in der Gemeinde Sonntag für Michael Brunner. Der Parteivorsitzende der MFG holte dort sieben Prozent, österreichweit erreichte Brunner 2,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Auffällig ist, dass Sonntag gleichzeitig als durchaus impfkritische Gemeinde gilt. Gerade einmal 43,55 Prozent der Bevölkerung haben dort einen aufrechten Covid-Impfschutz, in ganz Vorarlberg sind es 58 von 100 Personen. Genau gegenteilig lief es für Brunner übrigens in Lech, wo mit 67,5 Prozent überdurchschnittlich viele geimpft sind und Michael Brunner keine einzige Stimme erhielt.

Wohl wahr, die beiden Beispiele sind überspitzt. Einen direkten Zusammenhang zwischen Impfquote und Stimmenanteil für Michael Brunner gibt es in Vorarlberg nicht, höchstens eine leichte Korrelation. Dennoch könnten die Daten eine Aussage von Politikwissenschaftler Reinhold Gärtner (Universität Innsbruck) im Gespräch mit den VN bestätigen: „Es hat sich jetzt schon gezeigt, dass die MFG eine ‚Single-Issue-Partei‘ ist. Wenn das Thema weg ist, ist sie weg.“

Gegründet im Februar 2021

„Das Thema“ der Partei, deren Abkürzung für „Menschen – Freiheit – Grundrechte“ steht, ist vor allem Corona. Die politische Gruppierung wurde während des Lockdowns im Februar 2021 gegründet und verschrieb sich von Beginn an dem Kampf gegen „die politische Willkür“ und für die „Wiederherstellung unserer Demokratie“. Demokratisch lief zumindest die oberösterreichische Landtagswahl im September 2021 ab, als die MFG 6,23 Prozent erreichte und in das Landesparlament einzog. Spitzenkandidat Joachim Aigner kündigte damals noch am Wahlabend an, sich „vorrangig um Coronamaßnahmen kümmern“ zu wollen.

"Die MFG wird verschwinden"
Überraschend zog die MFG 2021 mit Spitzenkandidat Joachim Aigner (Bild) in den oberösterreichischen Landtag ein. FOTO: APA/TEAM FOTOKERSCHI

Nur gibt es diese Maßnahmen – etwas mehr als ein Jahr später – kaum noch. Auch aus diesem Grund spricht Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle (FH Kärnten) der MFG keine großen Überlebenschancen zu: „Die MFG wird verschwinden. Zwar nicht spurlos, weil sie Stimmung und Themen gesetzt hat, aber ihr fehlen vor allem die bundesweiten Strukturen.“ Das sei bei diversen Parteigründungen immer ein heikles Thema: „Das haben wir öfters gesehen. Spaltungen oder Ein-Themen-Parteien zum Beispiel“, erklärt Stainer-Hämmerle. Die längerfristige Positionierung sei dann aber meist schwierig: „Hauptproblem ist das Geld und dass bei solchen Neugründungen viele Glücksritter auftauchen, die zwar gern die Gelegenheit ergreifen würden, dann aber mit irgendwelchen Skandalen auffallen.“

Keinen Platz in der Parteienlandschaft sieht Reinhold Gärtner für die MFG, weil Corona auch von anderen Kräften abgedeckt werde: „Eine Partei muss breiter aufgestellt sein und Platz ist nur dann, wenn es wirklich etwas Neues ist.“ Zwar werde es weiter neue Parteien geben, ob sich die halten können, sei aber fraglich, betont auch Stainer-Hämmerle: „Dominik Wlazny hat bei der Wahl zum Beispiel schon nahegelegt, wo eine Lücke wäre: eine Partei ganz links.“ Dazu zähle zum Beispiel die in der Steiermark sehr starke Kommunistische Partei, die es bisher aber nicht schaffte, sich in ganz Österreich zu etablieren.

“Weitreichendes Parteiprogramm”

Und was sagt die MFG selbst dazu? Die sieht sich keineswegs als „Single-Issue-Partei“, betont ihr Pressesprecher Wolfgang Dür gegenüber den VN: „Die MFG hat ein sehr weitreichendes Parteiprogramm.“ Dazu zähle der Kampf für eine entpolitisierte Justiz – sie fordert zum Beispiel die Direktwahl von Höchstrichtern – und für weitere Initiativen in pädagogischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen. Jedenfalls glaubt Wolfgang Dür an eine längerfristigere Arbeit der Partei, auch wenn die Austritte von Parteifunktionären knapp vor der Wahl „nicht förderlich“ gewesen seien: „Die MFG befindet sich derzeit in einem Evaluierungsprozess.“ Dazu gehöre auch, die Partei bekannter zu machen: Man arbeite an einer stetigen Weiterentwicklung österreichweit und sei für konstruktive Kritik offen. Ob das ausreichen wird, zeigt sich bei den kommenden Urnengängen: Die nächste Nationalratswahl findet planmäßig 2024 statt, wie auch die Landtagswahl in Vorarlberg. Das Ergebnis von Michael Brunner bezeichnete Dür jedenfalls als “sehr enttäuschend und ernüchternd”.

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