Eine Million Menschen fordern Verzicht auf Pestizide

Eine EU-weite Bürgerinitiative fordert den Ausstieg aus synthetischen Pestiziden bis 2035.
Wien, Brüssel Große landwirtschaftliche Flächen, fehlende Hecken, Sträucher oder Tümpel, der Einsatz von Chemikalien wie Kunstdünger und synthetische Pestizide sowie der Klimawandel. Den Bienen geht es nicht gut. Und damit auch den Bauern nicht. Die europäische Bürgerinitiative “Bienen und Bauern retten” nahm sich diesem Thema an, mehr als eine Million Menschen unterschrieben.
Zu einem wichtigen Zeitpunkt
Damit wurde die Bürgerinitiative von der EU-Kommission für erfolgreich erklärt. Innerhalb von drei Monaten muss es nun eine Anhörung der Forderungen im EU-Parlament geben. Das sind die zentralen Punkte: Eine Reduzierung des Einsatzes synthetischer Pestizide um 80 Prozent bis 2030 und um 100 Prozent bis 2035 in der EU, Maßnahmen zur Wiederherstellung der Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen und die Unterstützung der Landwirte und Landwirtinnen bei der Umstellung auf Agrarökologie.
Dieser Erfolg komme zu einem wichtigen Zeitpunkt, sagt Helmut Burtscher-Schaden von der Umweltschutzorganisation Global 2000 den VN. Er war einer der Initiator der Initiative und erklärt: “Derzeit verhandeln die EU-Institutionen in Brüssel über ein im Juni von der EU-Kommission vorgeschlagenes Gesetzespaket, das etwa die Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 adressiert.”
Großes Artensterben
Durch diese Maßnahme soll die Biodiversität in Europa wieder hergestellt werden. Denn Bienen und andere sogenannte Bestäuber wie Käfer, Fliegen, Motten, Wespen oder Schmetterlinge verzeichnen großteils einen dramatischen Rückgang. Diese zahlenmäßige Abnahme hat direkt Ertragsverluste in der Landwirtschaft zur Folge.
Derzeit liegen noch zu wenige wissenschaftliche Daten vor, die ein vollständiges Bild der Lage liefern, betont auch die EU-Kommission in einer Aussendung. Es gebe jedoch Hinweise, dass der Rückgang der Bestäuber erheblich und hauptsächlich auf den Menschen zurückzuführen ist. Umfassendere Daten liegen nur für Bienen und Schmetterlinge vor: Demnach ist eine von zehn Bienen- und Schmetterlingsarten in Europa vom Aussterben bedroht ist.

Der Erfolg der Initiative habe daher auch enorme Auswirkungen auf “unsere Fähigkeit, die Lebensmittelproduktion auch für die Zukunft zu gewährleisten“, sagt Helmut Burtscher-Schaden.
Hoher Pestizideinsatz in Europa
Wie der diesjährige Pestizidatlas informiert, den Global 2000, die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) gemeinsam erstellen, ist in Europa dringend Handlungsbedarf gegeben. In der EU liege der Pestizid-Einsatz bei rund 480.000 Tonnen, das wären fast zwei Drittel der Menge, die in ganz Südamerika verwendet werden, obwohl die EU lediglich ein Viertel der Fläche bewirtschafte. In Österreich wurden laut Autoren im Jahr 2020 13.395 Tonnen an Pestiziden ausgebracht. “Letztlich sind auch die Bauern Opfer des Systems”, sagt Burtscher-Schaden.