Landwirtschaftsminister: “Wölfe könnten zur Bedrohung werden”

Totschnig drängt auf neue Regeln, die Abschüsse erleichtern.
Möggers Landwirte werden einen Stromkostenzuschuss erhalten, verspricht Minister Norbert Totschnig. Gleichzeitig will er neue Regeln für den Umgang mit Wölfen.
Wie sicher ist die Lebensmittelversorgung in Österreich?
Sie ist gesichert, weil wir in Österreich eine sehr hohe Eigenversorgung bei den Grundnahrungsmitteln haben. Das gilt ebenso für die EU. Uns ist aber auch nicht egal, was um Europa herum passiert, Stichwort Getreideexporte aus der Ukraine in den Nahen Osten. Sobald es hier zu einer Verknappung kommt, steigen die Preise unglaublich.
Für die Bauern und Bäuerinnen gibt es zur Versorgungssicherung in Österreich zusätzlich 110 Millionen Euro. Reicht das oder kommt noch mehr?
Wir haben die Rückerstattung der CO2-Bepreisung für die Land- und Forstwirtschaft festgemacht. Es gibt 30 Millionen Euro beziehungsweise sieben Cent pro Liter, die Bauern beantragen und kommendes Jahr erhalten können. Die 110 Millionen Euro erhalten alle automatisch, die einen Antrag auf EU-Ausgleichszahlungen gestellt haben, noch vor Weihnachten. Neun Millionen Euro für den geschützten Anbau von Obst und Gemüse wurde schon ausbezahlt. Dazu kommt der Stromkostenzuschuss für die Land- und Forstwirtschaft mit einem Volumen von 120 Millionen Euro. Der wird gerade fertig ausgearbeitet.

Wenn wir zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) kommen: Es geht dabei um 55 Millionen Euro für rund 3000 Landwirte in Vorarlberg. Martin Hager, ein Bauer aus Dornbirn-Winsau, kritisiert allerdings, dass kleinbäuerliche Strukturen vergessen werden. Sehen Sie das genauso?
Das sehe ich ganz anders. Im GAP-Strategieplan gibt es viele Maßnahmen, die unserer vergleichsweise kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft wettbewerbsfähig halten. Unsere Agrarpolitik gibt den Kleinen eine Chance, wiewohl der Wettbewerbsdruck immer größer wird. Ein Signal ist zum Beispiel, dass die ersten 20 Hektar besser gefördert werden.
„Wenn die Agrarpolitik meine Motivation wäre, müsste ich die Bude heute noch zusperren“, sagt Herr Hager. Wie geht es Ihnen, wenn Sie sowas hören?
Dem kann ich entgegenhalten, dass Bauern und Bäuerinnen in Österreich von der Bevölkerung sehr geschätzt werden. Wir haben ein hervorragendes agrarisches Bildungssystem. Darüber hinaus sind die heimischen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für die Landwirtschaft im EU-Vergleich besser. Außerdem bieten wir eine Planbarkeit im Bereich Klima-, Umweltschutz und Tierwohl.

In Vorarlberg war der Wolfsabschuss zuletzt großes Thema, unter anderem auf Grund einer Rudelbildung in der Schweiz, eines Abschusses in Tirol und weil es zu einem Wolfsriss von Schafen oberhalb der Alpe Sopra kam. Wo stehen Sie bei diesem Thema?
Die EU-Regelung, die den strengen Schutz des Großraubtieres Wolf vorsieht, ist 30 Jahre alt. Sie ist in einer Zeit entstanden, wo es in vielen Ländern Europas keinen Wolf gegeben hat. Mittlerweile hat sich die Population in ganz Europa erholt. Tierschutzorganisation sprechen davon, dass der Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht ist. Vielmehr sehen wir eine Reproduktionsrate von 30 Prozent pro Jahr.
Was bedeutet das?
Der Wolf kommt in vielen Teilen Europas zurück, auch in vielen Teilen Österreichs. Wenn wir nichts tun, kommt er in einer Anzahl, die dazu führt, dass er zu einer Bedrohung für die Alm- und Weidewirtschaft wird. Wir sehen auch, dass sich Wölfe zunehmend dem Siedlungsgebiet nähern. Wir brauchen daher eine Änderung der EU-Richtlinie, wir brauchen Naturschutz mit Hausverstand. Das habe ich im EU-Agrarministerrat auf die Tagesordnung gebracht und die Unterstützung von 16 Mitgliedsstaaten erhalten. Das kann die EU-Kommission nicht ignorieren.
Was fordern Sie konkret?
Wir fordern eine Überprüfung und Änderung der Rechtslage. Wir fordern die Einführung eines europaweiten Monitorings, um zu wissen, von wie vielen Tieren wir reden, damit wir am Ende des Tages über folgendes entscheiden können. Erstens: Die Entnahme von Problemtieren (Anm. Abschuss), bei wiederkehrenden Rissen oder Eindringen ins Siedlungsgebiet. Zweitens: Wenn die Anzahl der Wölfe stark steigt, dass auch eine Bestandsregulierung möglich ist.

Stichwort Bestandsregulierung. Die Reduktion des Wildbestands senkt das Risiko der TBC-Verbreitung. In der Wildregion Bartholomäberg-Silbertal ist liegt die Durchseuchung derzeit aber über zehn Prozent. Welche Verantwortung trägt die Jägerschaft?
Das ist ein regionalspezifisches Thema. Aber es ist natürlich ein Problem. Mein Eindruck ist, dass die zuständigen Behörden, Verantwortungsträger in der Jägerschaft und Landwirtschaft in Vorarlberg gut kooperieren und es den Willen gibt, dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Die Abschussvorgaben sind noch nicht erfüllt. Landesveterinär Norbert Greber bringt die Gatterjagd wieder ins Gespräch. Was halten Sie davon?
Das ist Sache der Länder.
Sie haben eine interne Revision angekündigt, was Zahlungen des Landwirtschaftsministeriums an Medien des ÖVP-Bauernbundes anbelangt. Gibt es schon ein Ergebnis?
Hier möchte ich richtigstellen: Es geht um eine europaweite Ausschreibung im Jahr 2017 für die Umsetzung einer Magazinreihe. Meines Wissens nach wird der Bericht noch finalisiert.