Aktivistin und Bundespräsident: Zu viel “Bla bla bla” bei der Weltklimakonferenz

Van der Bellen fordert Taten. Hagen-Canaval warnt vor Katastrophe.
Schwarzach Die 26-jährige Klimaaktivistin Marina Hagen-Canaval und Bundespräsident Alexander Van der Bellen haben eines gemeinsam: Sie wollen mehr Taten sehen. Bei der Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten kritisierte Van der Bellen am Dienstag zu viel „Bla bla bla“. Von dem Ziel, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei man weit entfernt. „Die globalen Emissionen steigen nach der Pandemie wieder. Weltweit spüren wir die verheerenden Auswirkungen.“

Ähnlich argumentiert Hagen-Canaval, die sich bereits mehrfach aus Protest an öffentlichen Orten festgeklebt hatte, entweder irgendwo auf einer Straße oder einem Biertisch vor dem Landhaus in Bregenz: „Die vergangenen Klimakonferenzen haben gezeigt, dass nur leere Versprechungen gemacht werden.“ Die Politik komme ihrer Verantwortung nicht nach, wenngleich vielen der Ernst der Lage bewusst sei. Insbesondere die ÖVP habe Schwierigkeiten, wissenschaftliche Erkenntnisse zur drohenden Klimakatastrophe anzuerkennen. António Guterres habe recht, wenn er sage, dass „wir uns auf dem Highway in die Klimahölle befinden“, stimmt die 26-Jährige der Aussage des UN-Generalsekretärs zu.

„Die Situation ist sehr prekär. Es geht um den Zusammenbruch unserer Gesellschaft. Das ist so im EU-Zukunftsbericht festgehalten“, betont Hagen-Canaval. Die Perspektive: massive Zunahme von Extremwetterereignissen, viele Hitze- und Überschwemmungstote, Hungersnöte und Ressourcenkonflikte. Es läge nun an den Teilnehmern der Klimakonferenz, zu erfüllen, was sie in Paris bereits 2015 beschlossen hätten: Das 1,5-Grad-Ziel. Hagen-Canaval fordert den Ausstieg aus allen fossilen Investitionen von Gas über Kohle bis zu Ölbohrungen. Wissenschaftler hätten ausreichend Umstiegsszenarien präsentiert, auf die zurückgegriffen werden könne.

Auf Bundesebene wünscht sich die Aktivistin Tempo 100 auf den Autobahnen und ein Gesetz für die Rettung von Lebensmitteln. „Das würde viel Energie und Treibstoff sparen.“ Die öffentlichen Verkehrsmittel müssten günstiger und Subventionen sinnvoller investiert werden, etwa in die Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen. Auch in Vorarlberg ortet die 26-Jährige Nachholbedarf: „Es gibt zu viele Autofahrten unter zehn Kilometern.“ Fahrradwege seien nur mäßig ausgebaut. Die Taktung der Öffis könnte dichter sein. Es fehle auch an Aufklärung zu pflanzlicher Ernährung. Sie wäre gut für Körper und Planet.

Wirklich gehört fühlt sich Canaval-Hagen aber nicht. Daher klebten sich Aktivistinnen und Aktivisten ja auch da und dort wieder fest. „Ich hätte mir auch was Schöneres für meinen Urlaubstag vorgestellt“, berichtet sie von der vergangenen Protestaktion. Offenbar sei dies aber die einzige Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erhalten: „Solidarität mit jeglichem gewaltfreien zivilen Ungehorsam!“ Die vielen Gespräche und Massendemos hätten bisher zu wenig Wirkung gezeigt. Ein Beweis dafür sei nicht zuletzt die jährliche Klimakonferenz, wo es mehr ums Reden als um tatsächliches Handeln gehe.
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