Wo künftig Abtreibungen stattfinden

Politik / 15.12.2022 • 19:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Wo künftig Abtreibungen stattfinden
Landesrätin Martina Rüscher sieht die Möglichkeit ab Mitte 2023 langfristig gesichert. VN/Hartinger/Rauch

Land sieht Nachfolgeangebot gesichert. Entsprechende Ordinationsräume seien ab Mitte 2023 bezugsfähig.

Bregenz Lange war nicht klar, wie es mit Schwangerschaftsabbrüchen in Vorarlberg weitergeht. Denn Benedikt-Johannes Hostenkamp, der einzige Arzt, der diese im Rahmen der Fristenregelung durchführt, möchte im Lauf des Jahres 2023 seine Pension antreten.

Ob seine Praxis in Bregenz von einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger übernommen wird oder eine andere Möglichkeit in Betracht gezogen wird, blieb zunächst ungewiss. Doch nun ist dem Land zufolge eine Lösung gefunden. Das Nachfolgeangebot soll bis Mitte des kommenden Jahres stehen, wie Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) den VN mitteilt.

Arzt hilft bei Übergabe

Grundsätzlich sei ihr Zugang, dass jedes Kind auf die Welt kommen solle, stellt Rüscher klar. Deshalb sollen Prävention, psychosoziale Beratungsangebote und finanzielle Hilfen zur Existenzsicherung gestärkt werden. “Für Frauen, die sich aber dennoch für einen Abbruch entscheiden, soll es auch in Vorarlberg ein medizinisch sicheres Angebot geben.” Die Fristenregelung sei geltendes Recht und solle auch so umgesetzt werden.

Die Babyklappe hat beim Wohnheim der Pflegeschule Bregenz seinen Standort. Er liegt in unmittelbarer Nähe des LKH. <span class="copyright">Vn/Rauch</span>
Die Babyklappe hat beim Wohnheim der Pflegeschule Bregenz seinen Standort. Er liegt in unmittelbarer Nähe des LKH. Vn/Rauch

Die neue Möglichkeit entsteht demnach im Personalwohnheim der Krankenhausbetriebsgesellschaft KHBG neben dem Landeskrankenhaus Bregenz, wo sich unter anderem bereits das Stillcafé und die Babyklappe befinden.

In dem Gebäude sind auch weitere Angebote untergebracht, so wie seit 2015 eben auch die Babyklappe. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
In dem Gebäude sind auch weitere Angebote untergebracht, so wie seit 2015 eben auch die Babyklappe. VN/Paulitsch

Die KHBG wird die Räumlichkeiten vermieten, betreiben soll sie der Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) als neutraler Anbieter. Beide Organisationen sind der Landesrätin zufolge mit der konkreten Projektentwicklung beauftragt worden. Hostenkamp wolle bei der Übergabe helfen. Bis Mitte 2023 wären die Ordinationsräume bezugsfähig, kündigt Rüscher an.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Sonstige angezeigt.

Insgesamt 15 Ärztinnen und Ärzte hätten sich beim Land gemeldet. Sie wollen aber anonym bleiben. Nun würden aks und KHBG auf die Personen zugehen, um ein mögliches Konzept auf die Beine stellen. „In Zukunft soll eine gynäkologische Praxis entstehen, die auch Abbrüche vornimmt.“ Dabei handle es sich wohl um eine Wahlarztpraxis. Auf die Frage, ob das Land dann eine Bannmeile für Abtreibungsgegner beschließe, antwortet Rüscher: „Diese wird es nicht benötigen.“ Der KHBG, die den Standort vom Land gemietet habe, obliege eine Schutzpflicht gegenüber Patienten, Besuchern und Mitarbeitern. Das Hausrecht eröffne die Möglichkeit, Aktionen der Gegner bei der Ordination zu untersagen.

Keine Abbrüche in Spitälern

In den öffentlichen Krankenhäusern in Vorarlberg finden somit auch weiterhin keine Abtreibungen statt. Rüscher begründet das insbesondere mit organisatorischen Herausforderungen bei den Dienstplänen. „Wir brauchen ein ganzes Team, können aber niemanden dazu verpflichten, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, beziehungsweise dabei zu assistieren.“ Auch bei der Zimmerbelegung auf den gynäkologischen Stationen könnten sich der Landesrätin zufolge Probleme ergeben, so sollten etwa Patientinnen nach einem Abbruch beispielsweise nicht im selben Zimmer aufwachen wie Frauen, die gerade ein Kind verloren haben.

Für Betroffene braucht es ein medizinisch sicheres Angebot, betont Landesrätin Rüscher.<span class="copyright"> VN/Hartinger</span>
Für Betroffene braucht es ein medizinisch sicheres Angebot, betont Landesrätin Rüscher. VN/Hartinger

Auch im Burgenland und in Tirol finden Schwangerschaftsabbrüche aktuell nicht in den Krankenhäusern oder angehängten Ambulatorien statt. Im Nachbarbundesland hatte zuletzt die SPÖ-Landesrätin Eva Pawlata das Ziel ausgegeben, Abtreibungen an allen öffentlichen Krankenhäusern flächendeckend und kostenlos anzubieten. Die Option ist nun aber vom Tisch, wie diese Woche bekannt wurde. Die ÖVP widersprach und verwies auf das Koalitionsabkommen, in dem das so nicht vorgesehen sei. Darin ist die Rede von einem „bedarfsgerechten, niederschwelligen, medizinisch qualitätsvollen Zugang“ – durch den Ausbau des ambulanten Angebots im niedergelassenen Bereich oder an eine öffentliche Einrichtung gekoppelt.

Rund 300 pro Jahr

In Österreich gilt die sogenannte Fristenregelung. Grundsätzlich besteht auf eine Abtreibung eine Freiheits- oder Geldstrafe, außer der der Abbruch erfolgt innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eine Abtreibung erlaubt, wenn eine ernste Gefahr für die Schwangere besteht, sie jünger als 14 Jahre alt ist oder eine schwere geistige oder körperliche Behinderung des Kindes zu erwarten ist. Kosten werden von der Sozialversicherung übernommen, wenn dieser aus medizinischen Gründen nötig ist. Rüscher zufolge bleibt es grundsätzlich bei einer privaten Leistung. Ihr zufolge finden in Vorarlberg rund 300 operative Abbrüche jährlich statt.

Der einzige Arzt, der bisher Abbrüche in seiner Praxis nach der Fristenregelung vornimmt, will bald in Pension gehen. <span class="copyright">VN</span>
Der einzige Arzt, der bisher Abbrüche in seiner Praxis nach der Fristenregelung vornimmt, will bald in Pension gehen. VN

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.