Rauch will Rechtsanspruch auf drei Monate Pflegekarenz

Insgesamt wird das Modell der Pflegekarenz auch in Vorarlberg noch wenig genutzt.
Wien Das ganze Jahr über sieht man sich zu wenig, während der Feiertage wird es beim Besuch zu Hause deutlich: Ältere Angehörige kommen nicht mehr gut alleine zurecht. Das trifft die meisten Angehörigen recht unvorbereitet, sagt Angelika Hämmerle, Obfrau der Interessensvertretung „Pflege Daheim“. Sie begrüßt, dass Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) nun den Rechtsanspruch auf Pflegekarenz für pflegende Angehörige von vier Wochen auf drei Monate verlängern will.
“Man braucht erst einmal Zeit, wenn Pflegebedarf in der Familie auftritt”, sagt Hämmerle den VN. Gerade in der Weihnachtszeit sei es schwierig, an die notwendigen Informationen zu gelangen: “Alle sind auf Urlaub.” Bislang ist die Regelung folgendermaßen: Der Anspruch auf Pflegekarenz entsteht, wenn man einen nahen Angehörigen ab Pflegestufe drei betreut. Das beinhaltet einen Pflegebedarf von mehr als 120 Stunden pro Monat. Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit können für die Dauer von ein bis drei Monaten vereinbart werden – ein Rechtsanspruch darauf besteht bisher aber nur für vier Wochen. Den Angehörigen steht ein Betrag in der Höhe des Arbeitslosengeldes zu.

Angebot zu wenig bekannt
Genaue Zahlen zu pflegenden Angehörigen liegen nicht vor, da ein Großteil der Arbeit undokumentiert erfolgt. Schätzungen zufolge gibt es etwa eine Million. Seit der Einführung 2014 stieg die Zahl jener Menschen, die Pflegekarenz in Anspruch nehmen, laut Daten des Sozialministeriums von 2321 auf 3921 (Jänner bis November 2022). Das sind aber nur 1,7 Prozent der Pflegegeldbezieher ab Pflegestufe drei. Hämmerle bestätigt, dass auch in Vorarlberg die wenigsten Leute Pflegekarenz in Anspruch nehmen: “Die pflegenden Angehörigen wissen oft gar nicht, was sie fragen sollen.” Oft kämen Betroffene daher nur tröpfchenweise zu den notwendigen Informationen. Auch Birgit Meinhard-Schiebel von der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger fordert eine Medienkampagne von Sozial- und Arbeitsministerium.
In Vorarlberg ist die Situation speziell: Das “Case Management” durch Landesregierung, einigen Gemeinden und Regionen ist so gut wie flächendeckend. Dabei handelt es sich um eine Unterstützung für pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen. Dadurch soll ein besserer Überblick über die verschiedenen Unterstützungsangebote gewährleistet werden. Mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden in Vorarlberg jedoch zu Hause versorgt. “Wir haben eine sehr prekäre Situation in den Seniorenheimen mit Pflegeplätzen und eine lange Warteliste”, nennt Hämmerle einen der Gründe dafür.
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ÖVP zurückhaltend
Bei der Pflegereform handelt es sich um einen jener größeren Würfe, die der türkis-grünen Regierung im Vorjahr gelungen sind. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher reagierte auf den jüngsten Vorstoß von Rauch zur Pflegekarenz dennoch zurückhaltend: Man kenne den Vorschlag noch nicht im Detail. Es sei ihm wichtig, so Kocher auf Ö1, dass die Unternehmen, die aktuell durch die Teuerung stark belastet seien, nicht noch mehr unter Druck kämen. Die Änderung soll nach Rauchs Wunsch aber noch im ersten Quartal kommen. Evaluieren will Rauch außerdem das Modell der Pflegeteilzeit, das 2022 lediglich 131 Personen nutzten.
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