Anti-Korruptionsgesetz fix: Mandatskauf wird strafbar

Politik / 12.01.2023 • 17:30 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Sichtlich glücklich sind Alma Zadić und Karoline Edtstadler über die Einigung der Regierungsparteien. <span class="copyright">APA/GEORG HOCHMUTH</span>
Sichtlich glücklich sind Alma Zadić und Karoline Edtstadler über die Einigung der Regierungsparteien. APA/GEORG HOCHMUTH

Experten loben den Vorstoß der Bundesregierung, auf den sich diese nach langer Zeit einigen konnte. Irmgard Griss fordert aber ein Informationsfreiheitsgesetz als weiteren Schritt.

Von Julia Schilly und Maximilian Werner

Wien Die Bundesregierung spart nicht mit großen Ansagen. So betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) diese Woche bei der Regierungsklausur, ein handlungsfähiges Kabinett anzuführen: “Es ist uns viel mehr gelungen, als uns unterstellt wird.” Auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) meinte über das “Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz”, das am Donnerstag präsentiert wurde: “Wir schaffen das strengste Anti-Korruptions-Gesetz der Welt.”

Damit wird nun erstmals strafbar, wenn jemand Geld aufwendet, um sich oder jemand anderem ein Mandat zu erkaufen. Das gilt für Nationalrat, Bundesrat, Landtage und das EU-Parlament, aber nicht auf Gemeindeebene. Solch ein Verhalten war bislang vom Strafrecht gar nicht erfasst; gegenüber dem “Profil” sagte Georg Krakow, Vorstandsmitglied von “Transparency International” in Österreich, zuletzt außerdem, dass ihm keine vergleichbare Bestimmung in anderen Ländern bekannt sei. Strafbar wird die “Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats”, wenn hierfür ein Entgelt angeboten, versprochen oder gewährt wird. Aber: Das Mandat muss auch tatsächlich erreicht und angetreten werden. Alleine die Vergabe eines Listenplatzes auf einem Wahlvorschlag einer Partei reicht nicht.

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90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher glauben laut Demokratiemonitor 2021, dass die Politik ein Korruptionsproblem hat. Die Reform ist nun ein erster Schritt, um das Vertrauen zurückzugewinnen, sagt Irmgard Griss den Vorarlberger Nachrichten: “Damit man sieht, dass schon in den Wahlkämpfen, also in der Art, wie jemand zu einem Amt kommt, auf Sauberkeit geachtet wird.” Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes ist eine der Proponentinnen des Antikorruptionsvolksbegehrens. Es sei gut, dass endlich die Kandidatenbestechung und der Mandatskauf für strafbar erklärt werden, aber man müsse noch weiter gehen.

Ibiza als “Vorbild” für das neue Gesetz

Anlass für die Verankerung der Korruptionsbekämpfung im Regierungsprogramm waren die Aussagen des ehemaligen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache (FPÖ) im “Ibiza-Video”. Darin versprach er einer vermeintlichen russischen Oligarchin, sie bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen bei einer möglichen Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen zu bevorzugen. Weil Strache damals aber (noch) keinen Regierungsposten inne hatte, war das zwar moralisch verwerflich, aber legal. Das soll sich nun ebenfalls ändern: So werden künftig Kandidaten für ein politisches Amt bestraft, wenn sie einen Vorteil “für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts” fordern, annehmen oder sich versprechen lassen – wie auch jene, die diese Vorteile gewähren. Und auch hier gilt: Der Kandidat muss den Posten tatsächlich erreichen, das versprochene Amtsgeschäft aber nicht setzen.

“Wir schließen bestehende Lücken beim Korruptionsstrafrecht. Mit diesen Verschärfungen gehen wir entschieden gegen all jene vor, die durch Korruption unsere Demokratie nachhaltig schädigen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag dazu, das verlorene Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wieder zurückzugewinnen.”

Alma Zadić, Justizministerin (Grüne)

An den legistischen Feinheiten sei lange gearbeitet worden, um strafrechtliche Klarheit zu erreichen, betonten Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Edtstadler einhellig. Das sei zum Beispiel bei der Abgrenzungsfrage, ob jemand schon Kandidat ist und damit von der neuen Norm umfasst wird, schwierig: “Es kann natürlich nicht strafbar sein, wenn dir jemand im Sandkasten für eine Schokolade verspricht, dass er dir hilft, Bürgermeister zu werden”, betont Zadić. So wird für diese Frage des “Kandidatenstatus” entweder auf einen bereits erfolgten Neuwahlbeschluss oder auf die Fristen aus dem Wahlrecht abgestellt: Jedenfalls müsse sich die Person in einem Wahlkampf befinden.

“Jede Form der Korruption ist Gift für unsere Gesellschaft. Auf allen Ebenen gehört Korruption und mit der vollen Härte des Rechtsstaats verfolgt. Vor allem durch die generalpräventive Wirkung des Strafrechts schaffen wir nun ein Klima, das integres Handeln und saubere Politik fördert.”

Karoline Edtstadler, Verfassungsministerin (ÖVP)

Höhere Strafen für Korruptionsdelikte

Neben dem Verbot von Mandatskauf und dem Versprechen von rechtswidrigen Amtsgeschäften, enthält der Gesetzesentwurf noch weitere, kleinere Anpassungen: So wird bei besonders schweren Korruptionsdelikten (ab einer Bestechungssumme von 300.000 Euro) die Maximalfreiheitsstrafe auf 15 Jahre erhöht. Außerdem bewirkt eine strafrechtliche Verurteilung über mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe – egal ob bedingt oder unbedingt verhängt – wegen eines Korruptionsdelikts, dass die betroffene Person ihre Wählbarkeit verliert, und damit auch ein Amt oder Mandat, falls sie dieses noch inne hat. “Inwieweit strenge Strafen eine präventive Wirkung haben, weiß ich nicht, das wird diskutiert. Aber es zeigt, wie ernst der Gesetzgeber das nimmt und wie sehr verpönt diese Verhaltensweisen sind”, sagt Irmgard Griss dazu.

Irmgard Griss sieht im Gesetzespaket gegen Korruption nur einen ersten Schritt. <span class="copyright">APA/HELMUT FOHRINGER</span>
Irmgard Griss sieht im Gesetzespaket gegen Korruption nur einen ersten Schritt. APA/HELMUT FOHRINGER

“Das wichtigste Element in der Korruptionsbekämpfung ist Transparenz. Ein wesentlicher Schritt ist daher das Informationsfreiheitsgesetz: Ein Gesetz, nach dem jeder die Möglichkeit hat, Auskünfte zu erlangen.”

Irmgard Griss, Antikorruptionsvolksbegehren

“Das wichtigste Element in der Korruptionsbekämpfung ist Transparenz”, ergänzt sie. Auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene gebe es immer wieder Vorkommnisse, bei denen man nicht klar durchblickt. In den Gemeinden bedeute das zum Beispiel: Wieso ist ein Flächenwidmungsplan plötzlich geändert worden? “Der wesentliche Schritt in der Korruptionsbekämpfung ist daher das Informationsfreiheitsgesetz. Ein Gesetz, nach dem jeder die Möglichkeit hat, Auskünfte zu erlangen”, sagt Griss. Das würde nicht nur dazu führen, dass gewisse Verhaltensweisen unterlassen werden, da sie öffentlich einsichtig sein. Sondern es wäre auch für den Ruf der Politikerinnen und Politiker und das Vertrauen in die Politik entscheidend.

Weiter warten auf die Generalstaatsanwaltschaft

Ein weiterer wichtiger Punkt sei eine Änderung bei der Weisungsbefugnis der Justizministerin, sprich die Einsetzung einer Generalstaatsanwaltschaft. Justizministerin Zadić will das als Teil ihrer Justizreform umsetzen. “Das würde dazu führen, dass dieser Verdacht, dass es sich einige mit politischen Verbindungen richten können, so nicht mehr geäußert werden kann. Weil es eine unabhängige Institution gibt, die darüber entscheidet, ob ein Ermittlungsverfahren weitergeführt wird, das Verfahren eingestellt oder Anklage erhoben wird”, sagt Griss. Die beiden Regierungsmitglieder betonten im Rahmen der Pressekonferenz, dass das nun vorgelegte Gesetzespaket nur ein erster Schritt sein könne.

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