U-Ausschuss steht vor dem Aus: Sobotka (ÖVP) “bedauert” Vorgehen der ÖVP

Politik / 18.01.2023 • 15:30 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Im sanierten Ausschusslokal (r.) warteten die Abgeordneten von vier Fraktionen unter anderem auf Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (l.). <span class="copyright">APA/Eva Manhart, Parlamentsdirektion/Thomas Topf</span>
Im sanierten Ausschusslokal (r.) warteten die Abgeordneten von vier Fraktionen unter anderem auf Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (l.). APA/Eva Manhart, Parlamentsdirektion/Thomas Topf

Eine für heute geplante Geschäftsordnungssitzung des ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss fand nicht statt: ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger blockierte die Sitzung wortreich.

Wien Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss findet ein unrühmliches Ende. Nachdem die Beweisaufnahme Anfang Dezember noch bis zum 31. Jänner verlängert worden war – ursprünglich begründet mit dem Wunsch, noch einmal den ehemaligen Chef der staatlichen Holding ÖBAG, Thomas Schmid, zu befragen – wird nun voraussichtlich doch keine Sitzung mehr stattfinden. Die fünf Fraktionen sind nämlich immer noch über den Arbeitsplan, in dem auch die Befragungstage und die Auskunftspersonen geregelt werden, uneinig. Hinzu kommt eine Blockade von Seiten der ÖVP bei einem Thema, das im Normalfall prinzipiell nur als Formalakt gilt.

Doch keine Orientierung an der Mehrheit

Denn eigentlich vereinbarten die fünf Parlamentsklubs für heute eine formelle Geschäftsordnungssitzung. Diese sollte genutzt werden, um erneut über einen Arbeitsplan zu beraten und vielleicht über einen Vorschlag von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) abzustimmen: Gemäß Verfahrensordnung werden Arbeitspläne vom Ausschussvorsitzenden vorgeschlagen und danach vom Ausschuss beschlossen.

Doch bisher weigerte sich Sobotka, ohne Konsens unter den Fraktionen – wie es der parlamentarischen Praxis entspricht – einen Vorschlag vorzulegen. Personen im Umfeld des Untersuchungsausschusses vermuten, dass – gestern von Nina Tomaselli (Grüne) zitierte – Aussagen bei oe24 zu einem Umdenken beim Vorsitzenden geführt haben könnten. Darin sagt er nämlich, dass “man sich an der Mehrheit orientieren” wird, was die Befragungen betrifft, sollte es zu keinem Konsens kommen. Solch eine Mehrheit – von vier Fraktionen gegen die Stimmen der ÖVP – gäbe es aktuell für einen Vorschlag von Befragungen am 23., 27. und 30. Jänner.

In einer Sitzung am Dienstag vereinbarten die Klubs eine Geschäftsordnungssitzung für Mittwoch. <span class="copyright">APA/Eva Manhart</span>
In einer Sitzung am Dienstag vereinbarten die Klubs eine Geschäftsordnungssitzung für Mittwoch. APA/Eva Manhart

“Totengräber der politischen Kultur in Österreich”

Vielleicht auch deswegen dürfte der ÖVP-Parlamentsklub heute die Reißleine gezogen haben: In einer Presseaussendung – überschrieben mit dem Titel “Totengräber der politischen Kultur in Österreich” – kritisiert der Fraktionsführer der Volkspartei, Andreas Hanger, seinen Kollegen aus dem SPÖ-Klub. Kai Jan Krainer habe nun endgültig ein ordentliches Finale für den Ausschuss verhindert, man werde einen Vorschlag der SPÖ für weitere Befragungstage nicht unterschreiben, “da er in keiner Weise das Ergebnis der gestrigen Besprechung abbildet, sondern nur eine Zusammenfassung der Wünsche des Abgeordneten Krainer darstellt”.

Der ÖVP-Klub setzte aber auch keine Unterschrift unter einen Rundlauf, mit dem die heutige Geschäftsordnungssitzung angesetzt werden sollte. Das passiert in jedem parlamentarischen Ausschuss, gilt – bei erfolgter Terminvereinbarung – aber eigentlich als Formalakt. Diesen Umstand erwähnt Hanger in der Aussendung nicht. Das ist aber der Grund dafür, dass eine formelle Sitzung des Ausschusses nicht stattfinden konnte: Jemand, der um 13 Uhr im frisch renovierten Ausschusslokal auf die eigentlich vereinbarte Sitzung wartete, beschrieb gegenüber den VN eine “bizarre” Situation: Die vier Fraktionen außer der ÖVP hätten auf ihren Plätzen gesessen, sowohl die Fraktion rund um Hanger als auch Nationalratspräsident Sobotka seien aber nicht anwesend gewesen.

Andreas Hanger hat keine Freude mit der SPÖ. <span class="copyright">APA/Eva Manhart</span>
Andreas Hanger hat keine Freude mit der SPÖ. APA/Eva Manhart

“Außerordentlich bedauerliches” Vorgehen

Nationalratspräsident Sobotka meldete sich aber dennoch noch bei den Abgeordneten – per E-Mail. In einer Nachricht an die Fraktionsvorsitzenden und beteiligte Klubmitarbeiter, die den VN vorliegt, bestätigt Sobotka, “dass der gestern besprochene Rundlauf zur avisierten Sitzung nicht von allen Fraktionen unterzeichnet wird”. Das protokollarisch ranghöchste ÖVP-Mitglied des Landes kritisiert darin außerdem die ÖVP: “Ich halte dieses Vorgehen für außerordentlich bedauerlich, weil ich mich gemäß der parlamentarischen Praxis damit außer Stande sehe, eine Sitzung einzuberufen.”

Dass es rund um diese Debatte doch noch eine Lösung gibt, erscheint unwahrscheinlich. Außerdem werden (sinnvolle) Befragungen mit jedem vergangenen Tag weiter verunmöglicht: Fristen für die Ladung, Terminvereinbarung und ausreichende Vorbereitung der Auskunftspersonen können kaum mehr eingehalten werden. Denn eines ist klar: Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss endet am 31. Jänner. Dennoch soll Donnerstag um 13 Uhr eine weitere informelle Sitzung der Fraktionsvorsitzenden stattfinden. Um vielleicht ein weiteres Mal zu vereinbaren, nun doch den Rundlauf für eine weitere Geschäftsordnungssitzung zu unterschreiben.

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