Verhandlungen gescheitert: U-Ausschüsse im Land bleiben zahnlos

Politik / 19.01.2023 • 19:30 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Der Landtag hat auch in Zukunft keine sinnvollen Kontrollmöglichkeiten im Rahmen eines Untersuchungsausschusses. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Der Landtag hat auch in Zukunft keine sinnvollen Kontrollmöglichkeiten im Rahmen eines Untersuchungsausschusses. VN/Hartinger

Nach ihrer 11. Sitzung geht die Arbeitsgruppe ergebnislos auseinander: Damit gibt es auf Landesebene keine neue Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse.

Bregenz Die Klubobfrau der Grünen, Eva Hammerer, ist enttäuscht. Die Verhandlungen zu einer neuen Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse des Vorarlberger Landtags sind gescheitert. Zuletzt waren zwölf der 13 Knackpunkte, auf die sich das Plenum vor dem Sommer in einer Entschließung einigte, fertig besprochen und besiegelt: Dazu zählten unter anderem die Medienöffentlichkeit oder die Vorsitzführung. Nur bei der Frage der Streitschlichtungsstelle, was zum Beispiel die Aktenlieferungen von Behörden betrifft, konnte keine Einigung erzielt werden.

“Da gibt es gegen die Landesvolksanwaltschaft und den Landesrechnungshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Beharren der Oppositionsparteien auf einem möglicherweise verfassungswidrigen Konstrukt hat einen fahlen Beigeschmack! Meine Tür ist offen für weitere Gespräche.”

Roland Frühstück, Klubobmann ÖVP

Landesverwaltungsgericht oder Landesrechnungshof?

Die Volkspartei rund um Klubobmann Roland Frühstück bestand auf einer Variante mit Landesvolksanwaltschaft und Landesrechnungshof; die Oppositionsparteien wollten sich nicht von ihrem Standpunkt abbringen lassen, diese Kompetenz dem Landesverwaltungsgericht zu übertragen. Diese Positionen wurden bei einer Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe mit den Klubobleuten noch einmal erläutert, dann war klar: Der Vorarlberger Landtag erhält kein neues Untersuchungsrecht und wird damit auch in naher Zukunft keinen U-Ausschuss zum Themenkomplex rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund abhalten.

“Mit dem vorliegenden Paket zum Ausbau des Untersuchungsrechts im Vorarlberger Landtag hätten wir die Chance gehabt, dass Vorarlberg – so wie beim Parteienfinanzierungsgesetz – Vorreiter bei der sauberen Politik wird. Umso absurder ist es, dass es jetzt zu keiner Einigung kommt.”

Eva Hammerer, Klubobfrau Grüne

“Für mich ist das absurd”, sagt Hammerer nach der Verhandlungsrunde den VN: “Wir haben ein halbes Jahr verhandelt, nur um jetzt enttäuscht zu sein.” Die Opposition sei an einer sinnvollen Lösung nicht interessiert gewesen, denn “sie will sich offenbar vor einem U-Ausschuss drücken”. Natürlich hätte auch die Volkspartei nachgeben können, das Ergebnis beweise, “dass die Angst der ÖVP vor einem Untersuchungsausschuss zu groß ist”.

Hammerer schließt jedoch nicht aus, ein Untersuchungsrecht nur innerhalb der schwarz-grünen Koalition zu beschließen, denn das auf dem Tisch liegende Paket wäre ein gutes. Frühstück kann sich das aber nicht vorstellen: “Es ist nämlich eine gute Tradition im Landtag, dass Veränderungen von Geschäftsordnung und Verfassung im Einvernehmen aller Parteien erfolgen”, verlautbart er in einer Aussendung.

“Die Vorkommnisse um den riesigen Parteifinanzierungsskandal der ÖVP Vorarlberg haben nicht nur die Notwendigkeit einer Nachschärfung des Parteienförderungsgesetzes aufgezeigt, sondern dieser Skandal muss in weiterer Konsequenz auch unbedingt einen Ausbau der Kontrollmöglichkeiten nach sich ziehen.”

Christof Bitschi, Klubobmann FPÖ

Rechtlich unsichere Lösung

Hauptfrage war, ob eine Übertragung des Instanzenzugs an das Landesverwaltungsgericht überhaupt möglich ist. Denn die Bundesverfassung sieht das nicht explizit vor, sondern nur die Kompetenz für “Beschwerden, Streitigkeiten oder Anträge in sonstigen Angelegenheiten” (Art 130 Abs 2 Z 4 B-VG). Matthias Germann, Leiter der Legistik-Abteilung der Landesverwaltung, sagt zu den VN, dass das eine “ungeklärte” Rechtslage wäre: “Der einfache Gesetzgeber kann das Risiko eingehen, diese Kompetenz dem Landesverwaltungsgericht zu übertragen.” Ob das von der Bundesverfassung gedeckt wäre, werde in der Literatur aber strittig beurteilt. Auch deshalb könnte sich Frühstück diese Regelung nicht vorstellen: “Das Beharren der Oppositionsparteien auf einem möglicherweise verfassungswidrigen Konstrukt hat einen fahlen Beigeschmack.”

“Ohne Akten kann nichts untersucht werden. Deshalb braucht ein Untersuchungsausschuss unbedingt die Möglichkeit, nicht gelieferte Akten einzuklagen. Leider aber blockieren ÖVP und Grüne diese grundlegende Verbesserung. Damit werden U-Ausschüsse auch in Zukunft ihrer Kontrollfunktion nicht gerecht werden können.”

Manuela Auer, geschäftsführende Klubobfrau SPÖ

Manuela Auer, geschäftsführende Klubobfrau der SPÖ, sieht hingegen nur Vorteile bei der Konstruktion mit dem Landesverwaltungsgericht: “Ich brauche einen Instanz, ich brauche eine Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen.” Das wäre nur beim Gericht mit einem Gang zum Verwaltungsgerichtshof in Wien möglich. Sie sieht bei der ÖVP außerdem eine “Blockadehaltung”, denn: “Müssen sich wirklich vier Parteien in so einem Punkt bewegen, oder sollte es eine tun?” Die Grünen hätten sich in den Verhandlungen für beide Punkte ausgesprochen. Die Gespräche seien jetzt definitiv gescheitert, aber: “Unsere Türen stehen offen. Für uns ist das nun einmal ein wichtiger Punkt, das haben wir jetzt so deponiert”, betont Auer. In eine ähnliche Kerbe schlägt Frühstück: “Bei so einem wichtigen Projekt sollten Standpunkte, auch bei der Opposition, nicht in Stein gemeißelt sein.”

“Wieder einmal wehrt sich die ÖVP mit Händen und Füßen dagegen, Korruption sichtbar zu machen und damit zukünftig zu vermeiden. Für uns ist klar, es braucht zwingend einen Streitbeilegungsmechanismus in Bezug auf die Aktenlieferungen. Es hätte eine echte Chance gegeben, politische Verantwortung zu übernehmen und Aufklärung zu ermöglichen. Das fürchtet die ÖVP aber offenbar mehr als alles andere!”

Sabine Scheffknecht, Klubobfrau Neos

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