Emotionale Landtagssitzung: Lob, Protest und Tränen bei Abtreibungsdebatte

Politik / 01.02.2023 • 20:15 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Im Landtag kam es zu einer Aktion von Gegnerinnen und Gegnern von Schwangerschaftsabbrüchen.
Im Landtag kam es zu einer Aktion von Gegnerinnen und Gegnern von Schwangerschaftsabbrüchen.

Mehrheit im Landtag stimmt für künftige Regelung.

Bregenz Lange war nicht klar, wie eine neue Lösung für Schwangerschaftsabbrüche in Vorarlberg aussehen könnte. Das hat sich Ende des Vorjahres geändert. Die neue Möglichkeit ist nun auch im Plenum des Landtags mit einer Mehrheit der Stimmen beschlossen worden. Die Wortmeldungen fielen teilweise emotional aus – auch wenn die meisten Abgeordneten die künftige Vorgangsweise lobten. Kurzzeitig wurde die Sitzung von Abtreibungsgegnern gestört.

Die Praxis soll neben dem Landeskrankenhaus Bregenz entstehen. <span class="copyright">VOl.at</span>
Die Praxis soll neben dem Landeskrankenhaus Bregenz entstehen. VOl.at

In Zukunft sollen Abbrüche auf dem Areal des Personalheims neben dem Landeskrankenhaus Bregenz stattfinden. Die Krankenhausbetriebsgesellschaft KHBG vermietet die Räumlichkeiten, der Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) erarbeitet ein Konzept für die Umsetzung. Ab Mitte des Jahres ist vorgesehen, dass dort ein Team von zwei bis drei Ärzten arbeitet. Nach Angaben von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) haben sich 15 Mediziner beim Land gemeldet, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen wollen. Eine neue Lösung war notwendig geworden, nachdem der einzige Gynäkologe, der in Vorarlberg Abtreibungen durchführt, seine Pension antreten möchte. Eine Mehrheit im Landtag, mit Ausnahme der FPÖ, stimmte nun für die Vorlage.

Die Mandatare debattierten über das Thema Schwangerschaftsabbrüche. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Die Mandatare debattierten über das Thema Schwangerschaftsabbrüche. VN/Paulitsch

Wie unter anderem der Abgeordnete Johannes Gasser (Neos) berichtete, bekamen die Mandatare, aber etwa auch Medziner im Raum Bregenz Post von Abtreibungsgegnern. Das Paket enthielt einen Plastik-Fötus. Der Absender: Die rechtskonservative Stiftung CitizenGo mit Sitz in Spanien. Diese kämpft Medienberichten zufolge europaweit gegen Abtreibung und auch LGBTQ-Rechte. Die grüne Abgeordnete Nadine Kasper richtete den Verantwortlichen aus: “Wir werden uns weiterhin für ein sicheres und gutes Angebot in Vorarlberg einsetzen. Komme was wolle. Diese Art der Druckerzeugung hat hier im Land nichts verloren.” In der Sitzung selbst kam es indes ebenfalls zu einer unerwarteten Protestaktion auf den Besucherrängen. Die Beteiligten wurden umgehend aus dem Saal geführt.

Elke Zimmermann (SPÖ) verwies auf die geltende Fristenlösung und bekräftigte: “Jede Frau, jedes Mädchen hat das Recht auf eine freie Entscheidung.” Niemandem falle diese leicht. Keinesfalls dürfe es zu gefährlichen Situationen in Hinterzimmern kommen. Kasper warnte: “Kein Angebot an Schwangerschaftsabbrüchen verhindert diese nicht, aber ein fehlendes Angebot macht sie lebensgefährlich für Frauen.” Auch Gasser gab zu bedenken, dass die Betroffenen ins Ausland ausweichten, im schlimmsten Fall auf unsichere Angebote zurückkämen. Wie andere Rednerinnen und Redner lobte der Abgeordnete die Nachfolgelösung und sprach Rüscher und den Ärztinnen und Ärzten seinen Dank aus.

Sie tue sich mit der Debatte nicht leicht, räumte wiederum die FPÖ-Abgeordnete Nicole Hosp ein, und verwies auf der einen Seite auf das ungeborene Kind, auf der anderen Seite auf die Frauen, die vor “einer scheinbar, unlösbaren Situation” stünden. Es brauche Beratung und Unterstützung. In der öffentlichen Debatte sei nur der Abbruch im Mittelpunkt gestanden, kritisierte Hosp, unterstrich aber, dass sie zur Fristenlösung stehe.

Seine Fraktion habe sich nie gegen diese ausgesprochen, betonte ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. Der Schutz des Lebens stehe aber ganz vorne. “Wir werden uns dafür einsetzen, mit all unserer Kraft, dass jedes Kind, wenn irgendwie möglich, auf die Welt kommen soll.” Beratungsangebote sollten ausgebaut werden. Gleichzeitig brauche es eine optimale Begleitung, “wenn es keinen anderen Weg mehr gibt.” Schließlich ergriff Rüscher das Wort und dankte für eine “sehr wertschätzende Debatte zu diesem sehr emotionalen Thema.” Noch einmal skizzierte sie die Lösung, konnte ihre Tränen aber letztlich nicht zurückhalten. Zurück am Platz gab es eine Umarmung von Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne).

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Straffreiheit in bestimmter Frist

In Österreich gilt die Fristenregelung. Das bedeutet, dass auf Abtreibung grundsätzlich eine Freiheits- oder Geldstrafe besteht – außer sie erfolgt innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft. Später ist es erlaubt, wenn eine ernste Gefahr für die Schwangere besteht, sie jünger als 14 Jahre alt ist oder eine schwere geistige oder körperliche Behinderung des Kindes zu erwarten ist.

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