Mietpreiserhöhung wird Vorarlberg am stärksten treffen

Politik / 07.02.2023 • 16:12 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Mietpreiserhöhung wird Vorarlberg am stärksten treffen

Die Mieten steigen weiter. Zahlreiche Experten fordern nun eine Deckelung von höchstens zwei Prozent pro Jahr. Die Regierung prüft Modelle.  Ledwinka

ÖVP und Grüne beraten über eine Mietpreisbremse. Experten von AK und Wifo halten sie für sinnvoll.

Wien Die Kosten für Lebensmittel, Strom, Energie und nun auch für die Miete steigen. Die Teuerung hat die Österreicherinnen und Österreicher fest im Griff. Die gesetzlich geregelten Richtwertmieten sollen ab April um 8,6 Prozent steigen – und zwar für rund 776.000 Menschen. Am stärksten wird das die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger treffen, wie Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien am Dienstag bei einem Pressetermin mit der Arbeiterkammer (AK) in Wien betont. Sie forderten erneut gesetzliche Maßnahmen gegen die rasanten Mieterhöhungen.

In Vorarlberg ist der Richtwert am höchsten. Es sei bei einer Wohnungsgröße von 70 Quadratmeter mit einer Erhöhung um 750 Euro pro Jahr zu rechnen, so Hanel-Torsch. Zum Vergleich: In Wien wird die Erhöhung mit rund 490 Euro pro Jahr für 70 Quadratmeter zu Buche schlagen. Betroffen sind alle, die in Gebäuden leben, auf die das Mietrechtsgesetz anwendbar ist, dazu zählt etwa privater Altbau vor 1945 errichtet. Desweiteren kann die Erhöhung alle treffen, die einen Mietvertrag nach dem 1. März 1994 abgeschlossen haben.

Miete inkl. Betriebskosten – durchschnittliche Miete Q2/2021 bis Q2/2022, Vergleich Richtwertmiete und Miete am freien Markt Q2/2022, Quelle: Statistik Austria; Die Auslieferung der APA-Grafiken als Embed-Code ist ausschließlich Kunden mit einer gültigen Vereinbarung für Grafik-Pauschalierung vorbehalten. Dabei inkludiert sind automatisierte Schrift- und Farbanpassungen an die jeweilige CI. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an […]
Miete inkl. Betriebskosten – durchschnittliche Miete Q2/2021 bis Q2/2022, Vergleich Richtwertmiete und Miete am freien Markt Q2/2022, Quelle: Statistik Austria; Die Auslieferung der APA-Grafiken als Embed-Code ist ausschließlich Kunden mit einer gültigen Vereinbarung für Grafik-Pauschalierung vorbehalten. Dabei inkludiert sind automatisierte Schrift- und Farbanpassungen an die jeweilige CI. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an […]

Auch Mittelschicht stark betroffen

„Wenn die Politik nicht endlich in die Gänge kommt, dann wird das viele Menschen bitter treffen. Denn schon noch vor den nun anstehenden Mietteuerungen sagte ein Drittel der privaten Miethaushalte, dass sie beim Wohnen demnächst mit Zahlungsproblemen rechnen“, sagt
Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal und Wohnen der AK Wien. Er bezieht sich auf neue Zahlen der Statistik Austria zu Krisenfolgenbeobachtung. Demnach rechnen auch zwei Millionen in Österreich Wohnende in den nächsten drei Monaten mit Zahlungsschwierigkeiten.

Hanel-Torsch berichtet aus der Praxis der Mietervereinigung: Aufgrund der vermehrten Nachfrage seien alle Termine bis weit in den April ausgebucht. “Auch in der Mitte der Gesellschaft Stehende, mit ausreichendem Einkommen, kommen an eine Belastungsgrenze. Sie wissen nicht, wie nächste Mietpreiserhöhung stemmen sollen.”

<p class="caption">Laut Nina Tomaselli wird aktuell ein Modell für eine Mietpreisbremse erarbeitet.<span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker">APA</span></p>

Laut Nina Tomaselli wird aktuell ein Modell für eine Mietpreisbremse erarbeitet. APA

Finanzminister bestätigt Verhandlungen

Die türkis-grüne Regierung diskutiert aktuell Modelle für eine Mietpreisbremse oder auch Deckelung, wie die Vorarlberger Abgeordnete Nina Tomaselli (Grüne), Sprecherin für Bauen und Wohnen, am Montag verriet. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hielt sich zum Thema Mietpreisbremse und den laufenden Verhandlungen dazu bei einem Medientermin zum Budget 2023 zwar noch bedeckt, bestätigte aber: “Die Gespräche laufen.” Er wolle dem Ergebnis aber nicht vorgreifen. Aktuell werden verschiedene Varianten geprüft. So könnte für die Richtwert-Anpassung ein anderer Index herangezogen oder die Inflationsabgeltung gedeckelt werden. Es könnte aber auch ein komplett neuer Index entwickelt werden.

Mietpreissteigerung von höchsten zwei Prozent

Laut AK wäre so eine Bremse rasch umsetzbar. Es gäbe Vorbilder und Modelle im Ausland, wie Ritt betont. Ein paar Beispiele aus Europa: In Spanien und Portugal darf der Mietzins den Angaben der Mietervereinigung zufolge um maximal zwei Prozent pro Jahr angehoben werden, in Frankreich um 3,5 Prozent, in Dänemark bis 2024 um höchstens vier Prozent. “Sogar die Schweiz hat einen Mietdeckel”, so Ritt.

“Das Gesetz muss im Februar auf den Weg gebracht werden, damit es im April greift.” Die konkrete Forderung lautet, dass die Mieten vorerst nur einmal pro Jahr um höchstens zwei Prozent steigen dürfen. Rückendeckung gab es am Dienstag auch von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr: “Wenn die Mieten auch um diese Inflationsrate jeweils steigen, dann muss man sich schon fragen, wie wir jemals wieder in eine Situation kommen, in der die Preise im Durchschnitt eben um zwei Prozent steigen – und nicht um neun, zehn oder elf.” Falls das so weiter betrieben werde, dann könne die Inflation nicht zurückgehen, so Felbermayr.

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr hält eine Art Mietpreisdeckel ebenfalls für  sinnvoll, wie er am Rande eines Medientermins am Dienstag sagte.  <span class="copyright">APA/HANS KLAUS TECHT</span>
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr hält eine Art Mietpreisdeckel ebenfalls für sinnvoll, wie er am Rande eines Medientermins am Dienstag sagte. APA/HANS KLAUS TECHT

Kritik aus der Branche

Wohnungs- und Hauseigentümer stemmen sich gegen eine Mietpreisbremse und verweisen auf die gestiegenen Kosten für Bestandhaltungsmaßnahmen. Auch eine thermische Sanierung oder die gesetzliche vorgeschriebene Umstellung der Heizsysteme weg von Gas und Öl seien sonst nicht möglich. Ritt erwidert auf diese Kritik, dass die Branche in den vergangenen zehn Jahren 5,5 Milliarden Euro Profit gemacht habe. “Damit können sie 90 Prozent des Altbaubestands sanieren”, rechnet Ritt vor. Es sei auch Aufgabe des Vermieters anzusparen. Für die Instandhaltung müssten Eigentümerinnen und Eigentümer laut Bundesgesetzgeber einen Euro pro Quadratmeter zurücklegen.

Ritt ergänzt einen weiteren Punkt. Es werde mehr gebaut, als gebraucht werde. Dennoch steigen die Preise. Das sei nur durch Spekulation zu erklären. Daher fordert der AK-Experte erneut eine Leerstandsabgabe.

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