Neue Führungsdebatte in der SPÖ

Politik / 08.02.2023 • 18:50 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Nach außen hin harmonisch zeigten sich Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil zuletzt beim Bundesparteitag im Juni 2021. <span class="copyright">APA/Michael Gruber</span>
Nach außen hin harmonisch zeigten sich Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil zuletzt beim Bundesparteitag im Juni 2021. APA/Michael Gruber

Kärntens Obmann Peter Kaiser kann sich eine Art Schattenkabinett für die SPÖ vorstellen. In Vorarlberg gibt es nur wenig Bewegungen rund um den Parteivorsitz.

Von Magdalena Raos und Maximilian Werner

Wien, Bregenz Die Sozialdemokraten kommen nach dem schlechten Abschneiden bei der Landtagswahl in Niederösterreich nicht zur Ruhe. Am Dienstag ist erneut eine Debatte um die Führungsspitze im Bund ausgebrochen. Anlass war ein Interview mit dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Darin forderte er ein breites Führungsteam als eine Art Schattenkabinett. Dass er sich für eine Doppelspitze der Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil, dem rebellischen Landeshauptmann des Burgenlands, einsetze, dementierte er später.

Vorarlbergs SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger kann sich eine breitere Aufstellung durchaus vorstellen: „Die qualifizierten Menschen haben wir”, sagt die 66-Jährige. Die Spitzenkandidatin sei aber unbestritten. Den Kurs Doskozils, der öfters gegen Rendi-Wagner austeilt, kritisiert sie deutlich.

Pamela Rendi-Wagner stehe als Kapitänin natürlich an der Spitze der SPÖ, sagt auch Kärntens Landesparteichef Peter Kaiser. <span class="copyright">APA/Gerd Eggenberger</span>
Pamela Rendi-Wagner stehe als Kapitänin natürlich an der Spitze der SPÖ, sagt auch Kärntens Landesparteichef Peter Kaiser. APA/Gerd Eggenberger

Der Traum von einem Team an der Spitze

Kaiser hatte sich im Interview mit Puls 4 und ATV für eine personelle Verbreiterung ausgesprochen. „Ich träume von einem Team, wo die besten Köpfe – männlich, weiblich, aus allen Regionen, Bundesländern – nach fachlichen Kriterien in die nächste Nationalratswahl gehen.“ Die Frage der Spitzenkandidatur sei klar: „Wenn die Parteivorsitzende Spitzenkandidatin ist, dann soll sie es sein. Aber ich kann mir ein Team vorstellen, in dem Rendi-Wagner, in dem Hans Peter Doskozil, in dem Jan Krainer, wer auch immer, Julia Herr, mit dabei sind.“ Mit einem Team, das „bereits früher als quasi Schattenregierung gegenüber der jetzigen Regierung fungieren kann“ habe die SPÖ dann auch personelle Alternativen.

Gabriele Sprickler-Falschlunger führt die Vorarlberger SPÖ seit dem Parteitag im Oktober 2021 interimistisch. <span class="copyright">APA/Dietmar Stiplovsek</span>
Gabriele Sprickler-Falschlunger führt die Vorarlberger SPÖ seit dem Parteitag im Oktober 2021 interimistisch. APA/Dietmar Stiplovsek

Puls 4 hatte zuvor eine Pressemitteilung veröffentlicht, wonach sich Kaiser eine Doppelspitze in der Bundes-SPÖ wünsche. Das dementierte Kaiser aber als Falschdarstellung. Für Sprickler-Falschlunger stellt sich diese Frage somit gar nicht. Sprickler-Falschlunger steht hinter Rendi-Wagner. Die Querschüsse, die immer wieder aus dem Burgenland kommen, vergleicht die Medizinerin mit einer „leichten, komischen Krankheit für die SPÖ. Mit der muss man leben“. Was Doskozil mache, sei kontraproduktiv.

Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle (FH Kärnten) glaubt, dass eine Art Schattenkabinett – also eine inhaltliche Fokussierung einzelner Persönlichkeiten aus der Partei – hilfreich sein könnte, aber: “Damit müsste man sich über längere Zeit beschäftigen, man müsste die einzelnen Bereichssprecher aufbauen. Aber bis das Konzept durchdringt, dauert das viel zu lange.” Dieses sei aus dem angelsächsischen Raum bekannt, wo sich eigentlich nur zwei große Parteien mit der Regierungsverantwortung regelmäßig abwechseln. In einer Art “Mediendemokratie” wie in Österreich sei das schwieriger: “Wir orientieren uns an Köpfen und leider – im Gegensatz zu einem Idealzustand – zu selten an Inhalten.”

“Mit einer Art ‘Schattenkabinett’ müsste man sich über längere Zeit beschäftigen, man müsste die einzelnen Bereichssprecher aufbauen. Aber bis das Konzept durchdringt, dauert das viel zu lange.”

Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin (FH Kärnten)

Kein Doppelvorsitz auf Zeit

In Vorarlberg ist der künftige Parteivorsitz ebenfalls Thema, wenn auch vor einem komplett anderen Hintergrund. Sprickler-Falschlunger war 2021 nach parteiinternen Zerwürfnissen als neue alte Chefin eingesprungen. Dies geschah nur übergangsweise. Die Suche nach einer oder einem neuen Vorsitzenden zieht sich. „Es wird sich in den nächsten Monaten weisen“, sagt sie lediglich. In Vorarlberg könne sie sich jedenfalls eher keine Doppelspitze vorstellen.

Derzeit bestehe in der SPÖ zwar mit ihr als Vorsitzender und Manuela Auer als geschäftsführender Klubobfrau im Landtag eine solche Konstellation. „Aber ich glaube nicht, dass es noch einmal so ein Team gibt wie Auer und mich.“ Die Unterschiede in den politischen Vorstellungen seien minimal, die Kommunikation top. „Da kommt es schon sehr auf die handelnden Personen und den persönlichen Stil an. Es darf nicht viele Differenzen geben.“

Die deutsche Sozialdemokratie wird von einer Doppelspitze geführt: Von Saskia Esken und Lars Klingbeil. <span class="copyright">REUTERS/Michele Tantussi</span>
Die deutsche Sozialdemokratie wird von einer Doppelspitze geführt: Von Saskia Esken und Lars Klingbeil. REUTERS/Michele Tantussi

Auch für Stainer-Hämmerle ist eine doppelte Parteispitze in Österreich fast schon überflüssig, dafür sei das Land zu klein: “Die SPÖ könnte aber zum Beispiel einen weiteren Geschäftsführer brauchen, der strategische Planungen über politische Inhalte übernimmt.” Mit dem aktuellen Geschäftsführer der Bundespartei, Christian Deutsch, sei das nicht gewährleistet: “Den hat die Partei halt gebraucht, um die Finanzen in Ordnung zu bringen.” In Deutschland sei das Prinzip der Doppelspitze verbreiteter, “dort gibt es meist eine Person, die die Organisation nach innen organisiert und eine, die politisch agiert, zum Beispiel als Oppositionschefin im Parlament”.

Derzeit gibt es Sprickler-Falschlunger zufolge „zwei bis drei Kandidatinnen und Kandidaten“ für den künftigen Vorsitz. Wer das ist, sagt sie nicht. Zuvor müsse das im Parteivorstand abgestimmt werden.

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