Von Freiheitlichen, die keine Grenzen zu kennen scheinen

Politik / 09.02.2023 • 18:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Zwischen Herbert Kickl (l.) und Udo Landbauer (r.) passt kein Blatt Papier, auch was die Linie in heikleren inhaltlichen Fragen betrifft. <span class="copyright">APA/Helmut Fohringer</span>
Zwischen Herbert Kickl (l.) und Udo Landbauer (r.) passt kein Blatt Papier, auch was die Linie in heikleren inhaltlichen Fragen betrifft. APA/Helmut Fohringer

Die FPÖ nimmt sich in den Wahlkämpfen von Niederösterreich und Kärnten kein Blatt vor den Mund. Einzelne Landesparteien distanzierten sich aber bereits. Vorarlbergs nicht.

Wien, Bregenz Nur zwei Tage nach der niederösterreichischen Landtagswahl setzte sich der von der FPÖ nominierte Landesrat Gottfried Waldhäusl, inhaltlich zuständig ist er unter anderem für Asyl und die Mindestsicherung, in eine Fernsehdiskussion und beleidigte eine Schülerin mit Migrationshintergrund. Ihre Frage: “Was sagen Sie dazu, dass meine Klasse das Gymnasium in Wien nicht besuchen könnte, wenn Sie Ihre Maßnahmen durchgeführt hätten, weil die meisten Eltern einen Migrationshintergrund haben?” Seine knappe Antwort: “Dann wäre Wien noch Wien.” Es war eine Aussage, die in ganz Österreich für Diskussionen und Reaktionen sorgte. Als Reaktion kam es kurze Zeit später zu einer Aktion einer rechtsextremen Gruppierung vor der Schule der Jugendlichen, inklusive rassistischem Transparent und Flugblättern.

Aber auch der niederösterreichische Klubobmann der Freiheitlichen, Udo Landbauer, weiß seine Agenda anzubringen, die an eine Art “Austria first!” erinnert: In einem aktuellen Posting auf Facebook kritisiert er Österreichs Beitrag zur Katastrophenhilfe in der von Erdbeben gebeutelten Türkei: “Es ist unglaublich, mit welcher Unverfrorenheit gerade grüne Politiker immer wieder unser Steuergeld an das Ausland verschenken.” Es müsse Schluss sein mit Millionengeschenken an das Ausland, denn: “Wir kümmern uns um Niederösterreich und Österreich!” Und die Freiheitliche Jugend Kärntens, mittlerweile im Wahlkampf für den Urnengang Anfang März, fordert auf Facebook, die SPÖ abzuwählen, um die “Slowenisierung Kärntens [zu] stoppen”. Da scheinen die Minderheitenrechte in Staatsvertrag und Volksgruppengesetz in den Hintergrund zu rücken.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kritisierte die Aktion vor der Schule in Wien-Favoriten: "Die rechtsextremen Identitären sind Geister, die Herbert Kickl rief." <span class="copyright">APA/Klaus Titzer</span>
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kritisierte die Aktion vor der Schule in Wien-Favoriten: "Die rechtsextremen Identitären sind Geister, die Herbert Kickl rief." APA/Klaus Titzer

Eine Kampagne für Stimmen, aber gegen Koalitionsoptionen

Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht in aktuellen Kampagnen der FPÖ ein klares Kalkül: “Sie sind selbstbewusster geworden, weil sie bemerken, dass die Ausgrenzung und Polarisierung bestimmte Gruppen anspricht.” Eine Kampagne à la “Unser Geld für unsere Leut’ in der Festung Österreich” hätte ihnen bereits in der Vergangenheit Erfolge eingebracht, dadurch hätten die Freiheitlichen das Gefühl, “dass es salonfähiger wird”, glaubt die Expertin. Dass die FPÖ durch solche Aussagen Wählerinnen und Wähler aus einem weltoffeneren Spektrum vielleicht wieder verlieren könnte, glaubt Stainer-Hämmerle nicht: “Aber sie verbauen sich Koalitionsoptionen. Ob die FPÖ mit 15 oder mit 25 Prozent im Nationalrat sitzt, ist viel unwichtiger als die möglichen Kooperationen.”

“Die FPÖ verbaut sich Koalitionsoptionen. Ob sie mit 15 oder mit 25 Prozent im Nationalrat sitzt, ist viel unwichtiger als die mögliche Kooperationen. Österreich wird dadurch aber schon als ausländerfeindlich wahrgenommen, das ist wirklich ein Standortnachteil.”

Kathrin Stainer-Hämmerle, Politikwissenschaftlerin (FH Kärnten)

Von Entscheidungsträgern – vom Bundespräsidenten abwärts – erwartet sich Stainer-Hämmerle eine klare Distanzierung von den angeführten Aussagen: “Es ist eine Grenzüberschreitung und irgendwann gibt es schon die Gefahr, dass es zu einem normalen Diskurs gehört.” Dadurch würde Mitgefühl und Solidarität verloren gehen und dieser Eindruck setze sich im Ausland fort: “Österreich wird schon als ausländerfeindlich wahrgenommen, das ist wirklich ein Standortnachteil.” Das müsse auch die Volkspartei erkennen, der dieser Aspekt sonst eine wichtige Angelegenheit gewesen wäre: “Wenn sie dem nicht widerspricht, schadet sie sich selbst.”

Uneinig sind sich Parteichef Herbert Kickl (l.) und Landesparteiobfrau Marlene Svazek (r.), was den Sager von Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl betrifft. <span class="copyright">APA/Franz Neumayr</span>
Uneinig sind sich Parteichef Herbert Kickl (l.) und Landesparteiobfrau Marlene Svazek (r.), was den Sager von Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl betrifft. APA/Franz Neumayr

Im Denkmuster falsch abgebogen

Widerspruch gegen Waldhäusl kommt aber zumindest von einer innerparteilichen Stelle, von Salzburgs Landesparteiobfrau Marlene Svazek; sie startet langsam in ihre Kampagne für die Landtagswahl Ende April. Für sie ist  “Waldhäusl irgendwo in seinem Denkmuster verunfallt oder vielleicht falsch abgebogen” und auch ihre Kollegen aus Tirol und Oberösterreich, Markus Abwerzger und Manfred Haimbuchner, hätten sich eine differenziertere Debatte gewünscht.

Währenddessen bekam der Landesrat von Bundesparteichef Herbert Kickl und Generalsekretär Michael Schnedlitz Rückendeckung und auch dessen Amtskollege Christian Hafenecker meint, dass Zuwanderung die Gesellschaft verändere. Nur zögerlich äußerte sich Vorarlbergs Landesparteichef Christof Bitschi zu den aktuellen Diskussion, auf VN-Anfrage forderte er, “dass nicht permanent Zuwanderung und Asyl vermischt wird. Das machen aber auch die Medien oft”.

Bei der Nachfrage über seine Kollegen hält sich Vorarlbergs Landesparteichef Christof Bitschi zurück. <span class="copyright">APA/Dietmar Stiplovsek</span>
Bei der Nachfrage über seine Kollegen hält sich Vorarlbergs Landesparteichef Christof Bitschi zurück. APA/Dietmar Stiplovsek

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